Erfurt: Ein Blick auf das mittelalterliche jüdische Erbe und seine Orte

Erfurt wird Mitglied der AEPJ, fördert jüdisches Erbe und veranstaltet die Europäischen Tage der Jüdischen Kultur.
Erfurt wird Mitglied der AEPJ, fördert jüdisches Erbe und veranstaltet die Europäischen Tage der Jüdischen Kultur.

Am 29. Januar 2025 wird die Stadt Erfurt für ihr bemerkenswertes Engagement im Bereich der jüdischen Kultur und Geschichte gewürdigt. Seit 2023 ist Erfurt Mitglied der European Association for the Preservation and Promotion of Jewish Culture and Heritage (AEPJ). Diese Institution setzt sich bereits seit 20 Jahren für die Förderung jüdischer Kultur und Erbes ein und organisiert die Europäischen Tage der Jüdischen Kultur. Im vergangenen Jahr fand in Erfurt die feierliche Eröffnung dieser Tage statt.

Die Mitgliedschaft Erfurts zielt darauf ab, mittelalterliche Orte im aschkenasischen Raum zusammenzuführen. Hierzu gehören bedeutende Städte wie Speyer, Mainz, Worms und Köln, aber auch weniger bekannte Orte wie Marburg, Friedberg und Offenburg. Darüber hinaus beteiligt sich Zürich mit einem historischen Wohnhaus, das wertvolle jüdische Wandmalereien beinhaltet. Auch Städte wie Wien, Prag, und Straßburg sind Teil dieser bedeutenden Initiative, die die jüdische Kultur in Europa fördert.

Mittelalterliches Erbe Erfurt

Besondere Aufmerksamkeit innerhalb dieser Mitgliedschaft gilt dem jüdisch-mittelalterlichen Erbe in Erfurt. Die Stadt verfügt über mehrere bedeutende Bauwerke, die aus der Zeit von etwa 1100 bis zum frühen 14. Jahrhundert stammen. Dazu zählen die Alte Synagoge, die Mikwe und das Steinerne Haus, die alle weitgehend erhalten sind. Diese Gebäude spiegeln die Nutzung durch die jüdische Gemeinde und deren Integration in das mittelalterliche Stadtleben wider. Die Mikwe beispielsweise bewahrt sowohl die authentische Form ihres Grundrisses als auch ihre Funktion als rituelles Bad.

Die Alte Synagoge, datiert um 1100, wurde in mehreren Bauabschnitten umgestaltet und zeigt, wie jüdische Architektur in Mitteleuropa wuchs und sich entwickelte. Spuren der Pogromwelle von 1348-1350 sind in den Gebäuden deutlich erkennbar und dokumentieren die wechselvolle Geschichte der jüdischen Gemeinde in der Stadt.

Mit dem Fokus auf diese bedeutenden Orte wird in einem bevorstehenden Vortrag eine neue Route vorgestellt, die das mittelalterliche Erbe Erfurts in einen größeren Kontext stellt. Der Vortrag wird am 4. März stattfinden und behandelt „Quedlinburg – 30 Jahre UNESCO Welterbe“. Verantwortlich hierfür ist Dr. Karin Sczech, die sich auf Mittelalterarchäologie spezialisiert hat und unter anderem tiefgehende Kenntnisse über das jüdische Erbe in Erfurt mitbringt. Sie war zuvor für die Stadtarchäologie in Erfurt sowie für Grabungen an einem jüdischen Friedhof und einer Mikwe verantwortlich.

Das jüdisch-mittelalterliche Erbe ist eine kulturelle Pionierleistung und stellt ein frühes sowie seltenes Zeugnis jüdischer Architektur des Mittelalters in Mitteleuropa dar. Die Gebäude in Erfurt veranschaulichen die Harmonisierung und den Austausch zwischen jüdischer und christlicher Architektur und Tradition.

Insgesamt ist das Erfurter Erbe jedoch nicht nur von historischer Bedeutung, sondern auch ein lebendiger Teil der Stadtidentität, der weiterhin nicht bedroht ist durch nachteilige Entwicklungen. Die gut erhaltenen Strukturen der ehemaligen jüdischen Gemeinde bieten einen einzigartigen Einblick in das Zusammenleben von Juden und Christen in einer mittelalterlichen Stadt und ermöglichen somit den Besuchern, die vielschichtige Geschichte dieser Region zu verstehen und zu würdigen.

Die Initiative zur Erhaltung und Förderung des jüdischen Erbes in Erfurt ist ein Beispiel dafür, wie Städte ihre kulturellen Wurzeln schätzen und bewahren können. Sie leistet einen wichtigen Beitrag zur multikulturellen Identität der Stadt und fördert das Verständnis für die Geschichte und die Herausforderungen, denen sich die jüdischen Gemeinden im Laufe der Jahrhunderte gegenübersahen.

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