Ukrainer in Meißen: Klebezettel schüren fremdenfeindliche Stimmungen

In Meißen sind in letzter Zeit handgeschriebene Klebezettel mit der Botschaft „Ukrainer raus aus Deutschland!“ aufgetaucht. Diese Zettel sind an Gehwegen, Laternenmasten, Pollern und Altglascontainern zu finden. In großer Anzahl sind sie insbesondere an Orten platziert, die häufig von ukrainischen Geflüchteten frequentiert werden. Die Ukrainerin Nataliya Vogel-Litvinenko, die in der Stadt lebt, hat bemerkt, dass diese Zettel gezielt in ihrer Umgebung erscheinen, unter anderem in der Nähe eines Hausarztes. Mykhailo Vorhun, ein 74-jähriger Musikprofessor aus Cherson, der seit Mai 2022 in Deutschland lebt, entfernt die Zettel regelmäßig und schätzt deren Anzahl auf etwa 60 bis 80. Vorhun berichtet, dass die Zettel seit drei Jahren immer wieder auftauchen und er selbst bislang keine negativen Erfahrungen in Deutschland gemacht hat. Er ist auch Chorleiter des ukrainischen Chores Kryla, der in der Lutherkirche probt und im vergangenen Jahr 18 Auftritte in der Region hatte.
Das Ordnungsamt und die Polizei in Meißen wurden über die Zettel bislang nicht informiert, haben jedoch angekündigt, den Sachverhalt weiterhin zu beobachten. Bereits im Januar 2023 waren ähnliche Zettel mit der Botschaft „Ukrainer raus!“ im Stadtteil Plossen gesichtet worden, was auf ein übergreifendes Problem hinweist.
Diskriminierungserfahrungen bei der Flucht
Die teils rassistischen Anfeindungen, die ukrainischen Geflüchteten in Deutschland begegnen, bilden einen beunruhigenden Kontext. Berichte weisen darauf hin, dass viele Flüchtlinge, darunter auch Ausländer:innen, während der Flucht Diskriminierung erfahren. Nach Beginn der russischen Invasion versuchen zahlreiche Menschen, das Land zu verlassen, darunter auch internationale Studierende. Flüchtlinge aus der Ukraine, die beispielsweise in Polen und Ungarn Schutz suchen, wurden oft herzlich empfangen. Im Gegensatz dazu berichten viele nicht-weiße Geflüchtete von gravierenden Problemen.
Jean-Jacques Kabea, ein kongolesischer Pharmaziestudent, beschreibt seine Erfahrungen an der polnischen Grenze, wo er nicht übergelassen wurde und die Nacht im Freien verbringen musste. Ebenso erlebte Amanjyot, eine indische Medizinstudentin, Diskriminierung beim Versuch, in einen Zug zu steigen. Die Misshandlungen betreffen auch Studenten aus Pakistan, die an der Grenze schlechter behandelt wurden. Richard Adjei Kusi, ein Student aus Ghana, beklagt sich über mangelnde Informationen und das Feststecken an der Grenze, während internationale Organisationen und Politiker:innen zu einer gleichmäßigen Behandlung aller Flüchtenden aufrufen.
Risiken und Herausforderungen für Geflüchtete in Deutschland
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes hat in der Vergangenheit umfangreiche Untersuchungen zu Diskriminierungsrisiken von Geflüchteten in Deutschland durchgeführt. Sie fanden heraus, dass fast 90 % der befragten Anlaufstellen von Diskriminierungserfahrungen berichten. Ethnische Herkunft und rassistische Gründe wurden als die Hauptmerkmale der Diskriminierung identifiziert. Besonders betroffen sind die Bereiche Arbeitsleben, Wohnungsmarkt und der Kontakt mit Ämtern und Behörden.
Die Auswirkungen dieser Diskriminierung sind gravierend: Betroffene verspüren häufig Resignation, Trauer und Aggression. Weniger als 50 % der Einrichtungen nutzen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zur Unterstützung von Geflüchteten. Das erfordert dringend Aufklärungs- und Empowermentmaßnahmen, um ihnen die Handlungskompetenz zu stärken.
Insgesamt zeigt sich, dass die Situation für viele ukrainische Geflüchtete in Deutschland durch ein Zusammenspiel aus Integrationserfahrungen und diskriminierenden Anfeindungen gekennzeichnet ist. Das Bewusstsein für die Problematik der Diskriminierung und die Unterstützung der Betroffenen stellen eine wichtige gesellschaftliche Herausforderung dar.
Details | |
---|---|
Quellen |