Wissenschaft

Delfin-Attacken in Wakasa-Bucht: Spiel oder Gefahr für Schwimmer?

In der Wakasa-Bucht in Japan verletzen Tümmler seit 2022 zunehmend Schwimmer, was zu einer Kontroverse unter Forschern über die Ursachen und Gefahren dieser unerwarteten Aggression führt, während bereits 29 Menschen betroffen sind.

In der Wakasa-Bucht in Japan ereignen sich derzeit merkwürdige Vorfälle, die Sorgen zu den beliebten Badestränden der Region bringen. Tümmler, bekannt für ihr freundliches Image, verhalten sich aggressiv gegenüber Schwimmern und Schnorchlern. Statt entspannender Tage am Strand erleben viele Badegäste schmerzhafte Begegnungen mit diesen Meeressäugern.

In diesem Jahr hat die Küstenwache der Hafenstadt Tsuruga bereits 18 Verletzungen durch Delfinangriffe dokumentiert, was insgesamt 29 Vorfälle in den letzten drei Jahren ergibt. Die Spannungen zwischen Menschen und Delfinen steigen, und die Frage ist, ob es sich um spielerisches Verhalten oder gefährliche Angriffe handelt.

Die Rolle der Wissenschaft

Führende Wissenschaftler stehen vor einem Rätsel. Einige glauben, dass der Grund für die Angriffe möglicherweise sexuelle Frustration bei den Tümmlern ist. Ryoichi Matsubara, Direktor des Echizen Matsushima Aquariums, berichtet, dass Augenzeugen immer denselben männlichen Tümmler beim Beißen beobachtet haben. Die Tiere, die bis zu 200 Kilogramm wiegen können, werden von manchen Experten als „die Bären des Meeres“ bezeichnet.

Die Angriffe begannen im Jahr 2022, als innerhalb weniger Wochen 21 Verletzungen in der Nähe von Echizen gemeldet wurden. Einige Schwimmer berichteten, dass Delfine aggressiv auf sie losgingen, während andere die Vorfälle als spielerisch einstufen. Diese gemischten Berichte führen zu Verwirrung über die wahre Natur der Interaktionen zwischen Mensch und Tier.

Die psychologischen Hintergründe

Putu Mustika, eine Delfinforscherin, glaubt, dass die Verletzungen unbeabsichtigt sind, während die Tümmler versuchen, ihr Paarungsverhalten auszuleben. Laut ihrer Forschung könnte der massive Körper eines Tümmlers unfreiwillig zu Verletzungen führen, wenn er mit Menschen interagiert. Sie beschreibt die Situation als das Ergebnis eines „einsamen, geilen Delfins“.

Zugleich gibt es Stimmen, die die Aggressivität und das Verhalten von Delfinen in der freien Natur als Teil ihrer Fortpflanzungsstrategien beschreiben. Die Forschung hat in der Vergangenheit Fälle von erzwungenen Kopulationen dokumentiert, die das komplexe Verhalten dieser Tiere verdeutlichen. Diese Entwicklung führt zu einer alarmierenden Situation für die Schwimmer in der Region.

Doch nicht alle Forscher stimmen mit dieser Theorie überein. Der Delfin-Ökologe Tadamichi Morisaka argumentiert, dass das Beißen, das bei den Begegnungen vorkommt, eher als sanftes Beißen gelten sollte – ein freundliches Socializing unter Tieren, die ihre Umgebung erkunden wollen. Er warnt allerdings vor der Gefahr und der Entwicklung, die aus den Interaktionen zwischen Menschen und Delfinen resultieren kann.

Morisaka verdeutlicht, dass das Verhalten der Delfine ernsthafte Folgen haben könnte. Durch häufigere Interaktionen aller Art könnte ein Punkt erreicht werden, an dem Tümmler beginnen, ihre dominanten Verhaltensweisen aggressiv zu zeigen. „Ein echter Angriff, so wie ich ihn mir vorstelle, würde die Stärke und Geschwindigkeit dieser Tiere beinhalten. Man muss sich das wie einen Verkehrsunfall vorstellen“, sagt er.

Um die Gefahren zu mindern, forscht Morisaka an einem Frühwarnsystem, das Schwimmer warnen soll, sobald die typischen Töne von Tümmlern, die mit echolotenden Geräuschen kommunizieren, wahrgenommen werden. Dies könnte helfen, Menschen rechtzeitig aus dem Wasser zu bringen und damit die Interaktionen zu minimieren.

Die Diskussion über das aggressive Verhalten der Tümmler öffnet ein weiteres Kapitel über den Umgang mit Natur und Tieren. Während einige Experten die Delfine als friedliche Wesen darstellen wollen, gibt es deutlich solche, die auf die Gefahren hinweisen, die das Zusammenspiel von Mensch und Tier birgt. Die Gefahr lauert dabei nicht nur in der Wassertiefe, sondern auch im Frontbereich des menschlichen Verhaltens.

Somit bleibt die Frage, wie umgegangen werden kann mit der Aggressivität dieser Delfine. Verhaltensstudien sind unerlässlich, um herauszufinden, ob diese Angriffe von einem einzelnen Tier ausgehen oder Teil eines größeren Verhaltensmustern sind. Das Schlüsselelement bleibt das Verständnis der Bioakustik und der Interaktionstendenzen zwischen Delfinen und Menschen, um potenzielle Bedrohungen frühzeitig zu erkennen und zu minimieren.

Lebt in Amberg und ist seit vielen Jahren freier Redakteur für Tageszeitungen und Magazine im DACH-Raum.
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