Am Freitag, dem 21. Januar 2025, versammelten sich knapp 100 Beschäftigte des Sophien- und Hufeland-Klinikums Weimar sowie anderer kirchlicher Einrichtungen zu einer Demonstration vor dem Landeskirchenamt in Erfurt. Diese Aktion wurde organisiert, um die Schaffung von Tarifverträgen und das Grundrecht auf Streik zu fordern. Bernd Becker von ver.di äußerte deutlich, dass die Mitarbeitenden mitbestimmen wollen, wie ihre Arbeitsbedingungen gestaltet sind und forderten vehement die Einleitung von Tarifverhandlungen.
Die Teilnehmer der Demonstration werfen dem Arbeitgeber vor, legitime Anliegen der Beschäftigten systematisch zu blockieren und damit grundlegende Rechte vorzuenthalten. In diesem Kontext ist es bemerkenswert, dass die Kirche, Diakonie und Klinikleitung in den letzten Monaten Klage gegen die Warnstreikaufrufe von ver.di eingereicht haben. Arbeitsniederlegungen wurden wiederholt durch einstweilige Verfügungen verhindert, was zu erheblichem Unmut unter den Beschäftigten führt.
Rechtsstreit um das Streikrecht
Becker betonte, dass die Koalitionsfreiheit ein fundamentales Recht sei, das auch für die Beschäftigten in kirchlichen Einrichtungen gelte. Ein Hauptsacheverfahren zu diesem Thema ist für den 19. Februar am Erfurter Arbeitsgericht angesetzt. Sylvia Bühler, Mitglied des ver.di-Bundesvorstands, äußerte sich ebenfalls während der Kundgebung und unterstrich die Wichtigkeit dieser Auseinandersetzung. Sie kritisierte das kirchliche Sonderrecht und sprach sich für gleiche Rechte für die 1,8 Millionen Beschäftigten in Kirchen, Diakonie und Caritas aus.
Bühler verwies darauf, dass die Arbeit in kirchlichen Einrichtungen in ihrer Natur nicht unterschiedlich von der in anderen sozialen Einrichtungen sei. Die Gewerkschaft wolle nicht über den Gottesdienst bestimmen, sondern auf Augenhöhe über die Bezahlung und die Arbeitsbedingungen verhandeln. Darüber hinaus hob sie hervor, dass es bereits erfolgreiche Tarifverträge in diakonischen Einrichtungen in Niedersachsen, Hessen und Norddeutschland gibt.
Streikrecht in kirchlichen Einrichtungen
Christiane Rosa, Pflegekraft am Klinikum Weimar, unterstrich, dass sie und ihre Kolleg*innen sich durch juristische Winkelzüge nicht von ihren Forderungen abbringen lassen. Sie betonte, dass die Arbeitsbedingungen im kirchlichen Gesundheitswesen mit denen im öffentlichen Dienst vergleichbar sind, die Bezahlung jedoch ungerechtfertigt niedriger sei.
Die Auseinandersetzung um das Streikrecht ist nicht neu. Das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen wurde bereits 1919 in der Weimarer Reichsverfassung verankert, und auch das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland hat dieses in Artikel 140 festgeschrieben. Historisch betrachtet hatten kirchlich Beschäftigte in der Vergangenheit das gleiche Streikrecht wie andere Arbeitnehmer. Doch eine Wende nahm die Diskussion, als Arbeitsgerichte in mehreren Fällen das Streikrecht über das kirchliche Selbstbestimmungsrecht stellten, wie die Urteile des Arbeitsgerichts Hamburg und des Bundesarbeitsgerichts zeigen.
Die rechtlichen Rahmenbedingungen haben sich im Lauf der Zeit erheblich verändert. Die Zusammensetzung der Mitarbeiterschaft in Diakonie und Caritas hat qualitativ an Diversität gewonnen, wobei viele Beschäftigte aus ehemaligen staatlichen Einrichtungen stammen und nur wenig Bezug zur Kirche haben. In dieser modernen Arbeitswelt wird die rechtliche Schlechterstellung der Beschäftigten in den diakonischen Einrichtungen zunehmend problematisiert.
Die aktuelle Vorgehensweise der großen diakonischen Einrichtungen erinnert eher an unternehmerische Sozialkonzerne, die oft keine Tarifverträge mit Gewerkschaften abschließen. Trotz der Herausforderungen, vor denen die Beschäftigten stehen, bleibt der Wunsch nach Gleichbehandlung und fairen Arbeitsbedingungen in kirchlichen Einrichtungen stark ausgeprägt. Der Ausgang des bevorstehenden Verfahrens am Erfurter Arbeitsgericht wird von vielen als wegweisend für die künftige Gestaltung der Arbeitsverhältnisse in kirchlich geführten Einrichtungen angesehen.