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Schleswig-Holstein: Verkehrsminister Madsen spricht über Bahndebakel

Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen kritisiert die Deutsche Bahn scharf und erklärt in einem Interview, dass aufgrund der katastrophalen Infrastruktur im Bundesland eigentlich keine Fahrkarten mehr verkauft werden dürften, da das Schienennetz als das schlechteste in Deutschland gilt und dadurch sowohl der Wirtschafts- als auch der Tourismussektor stark leidet.

In den letzten Wochen hat die Deutsche Bahn immer wieder für Schlagzeilen gesorgt, und zwar ausnahmslos negative. Mit geschätzten Fahrplänen, unzufriedenen Mitarbeitern und massiven Vollsperrungen sieht sich das Unternehmen Herausforderungen gegenüber, die selbst den Vorständen und dem Bundesverkehrsministerium Kopfzerbrechen bereiten. Diese Situation betrifft besonders Schleswig-Holstein, wo Claus Ruhe Madsen, der Landesverkehrsminister der CDU, Auswirkungen auf Wirtschaft und Tourismus spürt.

Im Gespräch mit FOCUS online wurde deutlich, wie sehr Schleswig-Holstein unter den Schwierigkeiten der Bahn leidet. Für die Region, die stark auf den Bahnverkehr angewiesen ist, etwa für Pendler nach Sylt, hängt sowohl der Arbeitsalltag als auch das touristische Geschäft am seidenen Faden. Wenn die Bahn nicht zuverlässig funktioniert, bleibt auch der Zugang zu regionalen Köstlichkeiten, wie Fischbrötchen, versperrt.

Bahninfrastruktur in der Krise

Madsen macht deutlich, dass die Bahn-Infrastruktur in Schleswig-Holstein die schlechteste in Deutschland sei, ergänzt durch die niedrigste Elektrifizierungsquote im Land. „Eigentlich dürften wir keine Fahrkarten mehr verkaufen, sondern nur Eintrittskarten für eine Museumsbahn“, wird er im Interview deutlich. Diese Aussagen zeigen den Frust und die Dringlichkeit der Situation. Insbesondere die Pläne von Northvolt, eine Batteriefabrik in der Gegend zu errichten, werden durch die mangelhafte Infrastruktur behindert. Die Bahn hat die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass Transporte ökologisch und effizient ablaufen können, doch die Realität sieht anders aus.

Eine der schwierigsten Herausforderungen ist die Vollsperrung von wichtigen Bahnstrecken, wie zwischen Hamburg und Berlin. Madsen erklärt, dass eine Sanierung im laufenden Betrieb nicht mehr möglich sei. Er vergleicht die Notwendigkeit einer umfassenden Erneuerung mit einem maroden Haus, in dem nicht nur ein Zimmer, sondern gleich mehrere gleichzeitig renoviert werden müssen. „Das ist nach Jahrzehnten des Verschleißes einfach alternativlos“, betont er und fordert die Verantwortlichen auf, einen klaren Sanierungsplan einzuhalten.

Ein Anreizsystem für die Deutsche Bahn

Madsen hebt auch hervor, dass die Privatisierung der Bahn nicht vollständig geglückt sei. Trotz der 100-prozentigen Staatsbeteiligung fehlt es an einem klaren Anreiz für Qualität und Kundenorientierung. „Die Bahn muss wirtschaftlicher werden und mehr auf die Bedürfnisse der Kunden eingehen“, so Madsen. Um dieser Melancholie entgegenzuwirken, schlägt er ein Anreizsystem vor. Die Qualität der Strecken müsste bei den Trassenentgelten, die die Bahn zu zahlen hat, eine Rolle spielen. „Wo der Zustand der Schienen unzureichend ist, dort muss weniger gezahlt werden“, fordert er. Nur so ließe sich ein Anreiz schaffen, die Infrastruktur zu verbessern und den Ganzen eine positive Richtung zu geben.

Die aktuellen Pläne der Ampelregierung, die Trassenentgelte ab 2026 zu erhöhen, betrachtet Madsen als „völlig absurd“. Dies würde letztlich die Kosten auf die Fahrgäste abwälzen und die ohnehin schon teuren Netzentgelte in die Höhe treiben. Madsen verlangt, dass der Bund seiner Verantwortung nachkommen muss, und kritisiert die Zustände im Schienenverkehr als nicht akzeptabel.

Die Dramatik der Situation ist auch durch die Klagen vieler Verkehrsunternehmen gegen die Erhöhung der Gebühren deutlich, die als nicht tragbar angesehen werden. Gerade in einem Bundesland wie Schleswig-Holstein, wo bereits knappe Mittel zur Verfügung stehen, wäre eine weitere Belastung das letzte, was die Region braucht. Madsen warnt: „Eine rote Linie ist überschritten.“ Die Anzeichen für eine derartige Fehlentwicklung sind unübersehbar.

Die Herausforderung, ein schlagkräftiges und motiviertes Personalteam bei der Deutschen Bahn zu schaffen, wird ebenso thematisiert. Madsen ist sich der Lage der Beschäftigten bewusst und betont, dass die Probleme nicht den Mitarbeitern angelastet werden dürfen. Er erinnert daran, dass Motivierung und bessere Arbeitsbedingungen unabdingbar sind, um aus der aktuellen Misere herauszukommen.

Abschließend äußert sich Madsen zur Führung der Deutschen Bahn unter Richard Lutz. Im Gespräch mit FOCUS online gibt er zu, dass es einen Neuanfang bedarf. Ob dies durch personelle Konsequenzen geschehen muss, bleibt unklar. Tatsache ist jedoch, dass ein Umdenken nötig wird. „Ein Neuanfang nach der Bundestagswahl ist dringend erforderlich“, resümiert Madsen die Lage und setzt damit einen klaren Appell an die politische Verantwortung.

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