In St. Peter-Ording, einem beliebten Küstenort in Schleswig-Holstein, wird ein innovativer runder Tisch einberufen, um die komplexen Geschichten der sogenannten Verschickungskinder zu beleuchten. Diese Kinder wurden zwischen 1945 und 1990 für mehrere Wochen in Jugenderholungsheimen untergebracht, ohne dabei im Kontakt zu ihren Eltern zu stehen. Viele von ihnen berichten von schweren Erlebnissen, die von Misshandlungen durch das Heimpersonal bis hin zu Essenszwang reichten.
Am Freitag wird das erste Treffen stattfinden, bei dem Betroffene, ehemalige Angestellte der Einrichtungen und Wissenschaftler der Universität Kiel zusammenkommen. Helge-Fabien Hertz, der Koordinator der Veranstaltung, erklärt, dass das Ziel darin besteht, den simplen Dualismus von „Täter und Opfer“ aufzubrechen und eine umfassendere Darstellung der damaligen Erfahrungen zu erarbeiten.
Die Stimmen der Vergangenheit hören
Hertz betont die Wichtigkeit, sowohl die negativen als auch die positiven Erfahrungen der Verschickungskinder zu würdigen. Dieser Ansatz könnte helfen, eine tiefere Einsicht in das Phänomen zu gewinnen, das viele Szenen aus der Nachkriegszeit prägt. Eine angefertigte Studie hat ergeben, dass zwar keine systematische Gewalt aus ideologischen Gründen festgestellt werden konnte, es jedoch umso wichtiger ist, die vielfältigen Perspektiven zu hören und ernst zu nehmen.
Geplant sind insgesamt drei Sitzungen bis 2025, in denen die oft schmerzhaften Erinnerungen zur Sprache kommen sollen. Durch den Austausch von verschiedenen Sichtweisen hofft man, mehr Licht auf die verschiedenen Facetten der Kuren zu werfen und Missverständnisse aufzulösen.
Die Veranstaltung hat bereits jetzt für viel Aufsehen gesorgt. Die Berichte von einstigen Kurkindern sind nicht nur aufschlussreich, sondern werfen auch Fragen zur Kindheit und Erziehung in der Nachkriegszeit auf. Historische Aufarbeitung ist von großer Bedeutung, damit die Erfahrungen der Verschickungskinder nicht in Vergessenheit geraten.
In einem Land, in dem viele Schicksale durch die Wiedervereinigung und den Wandel der Gesellschaft geprägt sind, gilt dieser runde Tisch als ein wichtiger Schritt in der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit.
Die Universität Kiel trägt mit dieser Initiative dazu bei, dass Betroffene die Möglichkeit haben, sich zu äußern und gehört zu werden. Neben dem runden Tisch stehen auch Pläne für weitere Veranstaltungen und Publikationen an, die das Thema noch breiter aufgreifen sollen. Mehr Informationen hierzu finden sich in den Berichten von www.ndr.de.