In Deutschland stehen die Weichen für die Zukunft des Rentensystems auf wackligen Füßen. Der demografische Wandel, geprägt von sinkenden Geburtenraten und steigender Lebenserwartung, stellt die gesetzliche Rentenversicherung vor immense Herausforderungen. Im Jahr 2023 waren nur 220 Beitragszahlende auf 100 Rentner*innen angewiesen, ein Verhältnis, das bis 2045 auf 174 zu 100 sinken könnte, wie ZDF.de berichtet. Diese Entwicklung könnte zu einem Anstieg der Altersarmut führen, da 61% der Rentner weniger als 1200 Euro netto im Monat erhalten. Besonders betroffen sind Alleinstehende, bei denen jeder Dritte weniger als 750 Euro Rente bezieht.
Politische Entscheidungsträger präsentieren sich vor der Bundestagswahl optimistisch, aber ihre Lösungen sind so vielfältig wie die Partizipierenden. Sächsische.de hat im Wahlkreis 160 Mittelsachsen Bundestagskandidaten befragt, darunter Carolin Bachmann (AfD), Johann Haupt (CDU) und Nicole Weichhold (Die Linke). Diese Kandidaten sind sich einig, dass eine Reform des Altersvorsorgesystems notwendig ist, um Altersarmut zu vermeiden.
Verschiedene Ansätze zur Rentenreform
Johann Haupt (CDU) und Sebastian Walter (Die Grünen) thematisieren die Problematik durchgebrochener Erwerbsbiografien, insbesondere in Ostdeutschland. Haupt fordert, dass die Arbeit von Sozialversicherungsbeiträgen entlastet werden sollte und dass es Rentner*innen erlaubt sein sollte, ohne Abgaben dazu zu verdienen. Walter hebt hervor, dass gute Löhne und eine breite Beitragsbasis für eine verlässliche Altersvorsorge von zentraler Bedeutung sind. Er schlägt vor, das Rentenniveau bei mindestens 48% zu halten.
Die Linke, vertreten durch Nicole Weichhold, fordert die Verdopplung der Beitragsbemessungsgrenze und eine solidarische Mindestrente von 1400 Euro. Weichhold kritisiert die aktuelle Handhabung von kapitalgedeckten Modellen und spricht sich für höhere Steuern auf Vermögen und große Erbschaften aus. Diese Ansätze spiegeln die besorgniserregenden Zahlen wider, die eine grundlegende Reform des Rentensystems als unumgänglich erscheinen lassen.
Die Rolle der Kapitalmärkte
Philipp Hartewig von der FDP und Mark Sontowski von den Freien Wählern sehen ebenfalls Lösungen in der Kapitalmarktfinanzierung, wie die Einführung einer Aktienrente nach schwedischem Vorbild. Hartewig hebt die Bedeutung einer nationalen Finanzbildungsstrategie hervor, während Sontowski Transparenz bei der Verwendung von Beiträgen und Steuermitteln fordert. Diese Ansätze könnten tatsächlich das Vertrauen in das Rentensystem stärken, allerdings bleiben sie umstritten.
Eine der größten Herausforderungen ist die Finanzierung der Rentenversicherung. Über 75% der Einnahmen der Rentenversicherung stammen aus den Beiträgen der Versicherten und Arbeitgeber. Aktuellen Prognosen zufolge könnte dies bis zum Jahr 2029 zu einer Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre führen, während Experten eine weitere Anpassung auf 68 Jahre bis 2042 fordern. Diese Änderungen sind nötig, um die Rentenkasse nicht weiter zu belasten, insbesondere da das System durch die Regelung eines frühen Renteneintritts ohne Abschläge für langjährig Versicherte zusätzlich strapaziert wird.
Der Sozialstaat befindet sich also an einem kritischen Punkt, an dem die Rentenversicherung in der gegenwärtigen Form möglicherweise nicht mehr aufrechterhalten werden kann. Wohin die Reise letztendlich geht, hängt stark von den Ergebnissen der bevorstehenden Bundestagswahl und der Bereitschaft zur Reform ab. Die politischen Akteure sind sich einig, dass es dringend einer Lösung bedarf, um die Altersarmut zu bekämpfen und eine gerechte Altersversorgung zu garantieren. Angesichts der demografischen Herausforderungen und steigenden Zuschüsse, die laut Deutschlandfunk bis zu 100 Milliarden Euro betragen könnten, wird die Finanzierungsfrage jedoch immer drängender.