Im Jahr 1953 wurde das Stadtbild der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) maßgeblich geprägt durch Umbenennungen und immer drängendere Proteste der Bevölkerung. Der Name von Karl-Marx-Stadt fiel in diesen Kontext, der symbolisch für die Verbindungen zwischen der SED-Regierung und ihren Bürgern steht. Ursprünglich war die Stadt Eisenhüttenstadt ab 1953 für eine Umbenennung nach Karl Marx vorgesehen, doch dieser Plan wurde mit dem Tod von Josef Stalin im März 1953 verworfen. Stattdessen erhielt Eisenhüttenstadt den Namen Stalinstadt, während Leipzig aufgrund seiner Bedeutung als Handelsmetropole von einer Umbenennung verschont blieb. Es wird vermutet, dass Walter Ulbricht, Generalsekretär der SED, einen Umbenennungsplan für Leipzig verhinderte, um später selbst der Namensgeber seines Geburtsortes zu werden. Chemnitz wurde schließlich Ende April 1953 offiziell zu Karl-Marx-Stadt umbenannt, was von DDR-Ministerpräsident Otto Grotewohl mit einer feierlichen Veranstaltung inklusive 180.000 Werktätigen auf dem Stalinplatz gefeiert wurde. Dieser Festakt sollte die enge Verbundenheit zwischen der SED-Regierung und der Bevölkerung demonstrieren. MDR berichtet, dass dies einen grundlegenden Wandel im städtischen Selbstverständnis einleitete.
Inmitten dieser politischen Umbrüche begann die Bevölkerung, sich gegen die Belastungen der staatlichen Vorgaben zu wehren. Insbesondere im Bezirk Karl-Marx-Stadt kam es zu massiven Streikbewegungen. Am 17. und 18. Juni 1953 wurden Streiks initiert, die aus Unmut über die Erhöhung der Arbeitsnormen, die Verschlechterung der Lebensbedingungen und die Verhängung des Ausnahmezustandes resultierten. Diese massiven Protestaktionen begannen in Betrieben wie dem VEB Wälzlagerwerk Fraureuth, dessen Arbeiter am 18. Juni die Arbeit niederlegten. Bundesarchiv dokumentiert die Bemühungen der Parteileitung, die Streikenden durch Einschüchterung zu bremsen, was schließlich jedoch scheiterte.
Der Aufstand vom 17. Juni 1953
Die Entstehung eines großangelegten Aufstands kulminierte am 17. Juni 1953, als sich die Proteste nicht nur auf Karl-Marx-Stadt beschränkten. Über 400 Orte und 600 Betriebe nahmen an den Streiks teil, an denen mehr als eine halbe Million Menschen beteiligt waren. In dieser Zeit wurden neue Streikkomitees gegründet, Parteibüros gestürmt und auch Gefangene befreit. Der sowjetische Stadtkommandant verhängte am selben Tag den Ausnahmezustand in Ost-Berlin, welcher am nächsten Tag auf die gesamte Republik ausgeweitet wurde. Die Reaktion der DDR-Behörden war brutal: Über 167 Städte und Landkreise wurden von kasernierter Volkspolizei und sowjetischem Militär besetzt, um die Proteste niederzuschlagen. DDR-Geschichte hebt hervor, dass zahlreiche Verletzte zu beklagen waren und die Niederschlagung des Aufstands zahlreiche Todesopfer forderte. Die Folgen für die Teilnehmer waren gravierend: Mehr als 1400 Personen erhielten Freiheitsstrafen, unter ihnen viele führende Köpfe der Protestbewegungen.
Die Ereignisse des 17. Juni 1953 wurden zum Symbol des Widerstands gegen die kommunistische Gewaltherrschaft in der DDR. Sie führten nicht nur zu einschneidenden politischen Veränderungen in der DDR, sondern schufen auch einen gesetzlichen Feiertag. Der 17. Juni wurde bis zur Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 alljährlich gefeiert und gilt bis heute als Tag der deutschen Einheit in Freiheit.