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800 Jahre altes Kaufhaus in Stendal: Geschichte digital erleben!

Das rund 800 Jahre alte Kaufhaus in Stendal, das als ältestes nördlich der Alpen gilt, kann seit dem 22. August 2024 durch moderne Augmented-Reality-Technik digital erlebt werden, wodurch Besucher in die Geschichte der Handelsstätte aus dem frühen 12. Jahrhundert eintauchen können.

In Sachsen-Anhalt gibt es eine spannende Neuigkeit, die sowohl Geschichtsinteressierte als auch Technikbegeisterte anlocken dürfte. In Stendal, einer Stadt mit geschichtsträchtigem Erbe, ist es jetzt möglich, ein Kaufhaus aus dem 12. Jahrhundert digital zu erleben. Dieses historische Gebäude, bekannt als das domus mercatorum, zählt zu den ältesten Kaufhäusern nördlich der Alpen. Es wurde 800 Jahre lang in den Schatten der Geschichte gelebt, doch moderne Technologie bringt es jetzt wieder zum Leben.

Dank der innovativen Augmented-Reality-Technologie können Besucher das Kaufhaus an seinem ursprünglichen Standort virtuell erkunden. Durch einfaches Scannen eines QR-Codes mit dem Smartphone wird eine digitale Rekonstruktion des einst prachtvollen Gebäudes sichtbar. Bürgermeister Bastian Sieler betont die Bedeutung dieser Initiative: „Die Besucher können sich jetzt in die Zeit des Kaufhauses zurückversetzen.“ Diese digitale Erfahrung soll nicht nur das Wissen über die Geschichte Stendals erweitern, sondern auch ein Gefühl für die Vergangenheit vermitteln.

Das historische Kaufhaus und seine Bedeutung

Das Kaufhaus von Stendal, das um 1178 erbaut wurde, nahm mit seinen 60 Metern Länge und 9,20 Metern Breite eine beachtliche Größe ein. Es war in zwei Reihen von 15 Läden organisiert, die sich entlang einer zentralen Mittelwand erstreckten. Jeder dieser Läden hatte eine nahezu quadratische Grundfläche von 3,4 Metern. Die Händler boten ihre Waren vor den fensterlosen Läden an, die als Aufenthaltsräume und Lager dienten. Ein zentrales Merkmal war die Herdstelle in jedem Laden, die für das Kochen und Heizen der Räume genutzt wurde.

Die Bauweise des Kaufhauses war nicht nur funktional, sondern spiegelte auch den Status und die Bedeutung des Handels zur damaligen Zeit wider. Die Überreste zeigen, dass es ein massives Obergeschoss aus Ziegelsteinen gab, das wahrscheinlich als Verkaufsraum für hochwertige Waren wie Stoffe und Pelze diente. Diese Deux-Geschoss-Architektur ist ein eindrucksvolles Zeugnis der mittelalterlichen Handelspraktiken und der wirtschaftlichen Blütezeit, die Stendal erlebte.

Mit dem Rückgang des Handels und dem Beginn des 16. Jahrhunderts begann das Kaufhaus jedoch zu verschwinden. Die noch erhaltenen Teile wurden abgerissen, und die Erinnerung an dieses historische Gebäude geriet in Vergessenheit, bis archäologische Untersuchungen beim Umbau des Marktplatzes in Stendal zwischen 2015 und 2016 neue Erkenntnisse brachten.

Die Umsetzung der Augmented-Reality-Anwendung und die Rekonstruktion der Geschichte des Kaufhauses wurden von der GEO-METRIK Ingenieurgesellschaft mbH in Zusammenarbeit mit der Stadt Stendal und dem Landesamt für Archäologie realisiert. Diese Initiative zeigt, wie moderne Technologie dazu beitragen kann, das Verständnis für historische Stätten zu vertiefen.

Durch die Kombination von Geschichte und Technologie gelingt es, das Interesse an dem historischen Erbe von Stendal neu zu entfachen. Besucher, die sich für die Vergangenheit interessieren, haben nun die Möglichkeit, visuell und interaktiv in die Welt des 12. Jahrhunderts einzutauchen. Es ist eine spannende Entwicklung, die zeigt, wie Geschichte zugänglicher gemacht werden kann, und die ein tolles Beispiel für die Vereinigung von Tradition und Innovation ist.

Digitale Rekonstruktion und zukünftige Perspektiven

Die digitale Erlebbarkeit des Kaufhauses von Stendal ist nicht nur ein innovatives Projekt, sondern könnte auch als Modell für andere Städte dienen, die ihr historisches Erbe bewahren und gleichzeitig auf moderne Technologie setzen möchten. Die Möglichkeit, Geschichte auf diese interaktive Weise zu erleben, könnte dazu beitragen, jüngere Generationen für die Vergangenheit zu begeistern und das kulturelle Erbe lebendig zu halten.

In den kommenden Jahren könnte sich diese Art der Präsentation auch auf weitere historische Stätten ausweiten, wodurch eine neue Form des Geschichtsunterrichts entstehen könnte, die sowohl spannend als auch lehrreich ist. Stendal setzt mit diesem Projekt ein Zeichen dafür, dass Geschichte nicht nur in Büchern geschrieben steht, sondern auch lebendig erlebt werden kann.

Die Bedeutung des Kaufhauses in der Geschichte

Das Kaufhaus in Stendal repräsentiert nicht nur ein architektonisches Erbe, sondern auch eine zentrale Rolle im wirtschaftlichen und sozialen Leben des Mittelalters. Kaufhäuser waren damals innovative Handelszentren, die eine Vielzahl von Waren an einem Ort zusammenführten und so zur Belebung des Handels beitrugen. Sie fungierten als Marktplätze, in denen Händler und Käufer zusammenkamen, um Güter zu tauschen und Geschäfte abzuwickeln. Die besondere Bauweise, mit mehreren Läden in einem einzigen Gebäude, ermöglichte eine effiziente Nutzung des Raumes und förderte die Interaktion zwischen den Händlern.

Im Kontext der damaligen Gesellschaft war das Kaufhaus auch ein Ort des sozialen Austauschs. Händler und Käufer trafen sich hier nicht nur, um Geschäfte zu erledigen, sondern auch, um Neuigkeiten auszutauschen und Gemeinschaftsbindungen zu stärken. Die Website des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt stellt heraus, dass dieses Kaufhaus als eines der ersten Beispiele für städtischen Handel in der Region dient und somit eine wichtige Rolle in der Geschichte des Handels in Deutschland spielt.

Archäologische Entdeckungen und ihre Relevanz

Die Freilegung der Überreste des Kaufhauses während der Umbaumaßnahmen des Stendaler Marktplatzes kam überraschend und half, bisher unbekannte Aspekte zur Handelsgeschichte der Region ans Licht zu bringen. Archäologische Ausgrabungen haben nicht nur die Struktur des Gebäudes offenbart, sondern auch wertvolle Artefakte, die Aufschluss über die Handelspraktiken und Alltagsleben im Mittelalter geben. Solche Funde sind entscheidend für das Verständnis der soziokulturellen Entwicklung in Sachsen-Anhalt und erweitern das Wissen über die Handelsrouten und -beziehungen dieser Zeit.

Zusätzlich wurden durch die ausgehobenen Materialproben Analysen durchgeführt, die mehr über die Baumaterialien und -techniken verraten. Ziegelsteine, die für den Bau verwendet wurden, sind spezifisch für die Zeit und Region, was eine genauere Chronologie und Kontextualisierung der Bebauung erlaubt. Auf der Homepage von GEO-METRIK werden die Bedeutung solchen archäologischen Wissens als wertvoller Beitrag zur Denkmalpflege und der Präsentation der Geschichte hervorgehoben.

Digitale Technologien fördern das Interesse an Geschichte

Die Integration von Augmented Reality in die Erkundung historischer Stätten wie des Stendaler Kaufhauses ist ein bedeutender Fortschritt, da sie es ermöglicht, Geschichte auf neuartige Weise erlebbar zu machen. Mit der Digitalisierung wird der Zugang zu historischen Inhalten sowohl für Einheimische als auch für Touristen erleichtert. Historische Stätten können nun durch interaktive Erlebnisse aufgewertet werden, die Informationen, visuelle Anreize und einen immersiven Zugang bieten. Studien zeigen, dass solche Technologien das Interesse an historischer Bildung steigern und jüngere Generationen ansprechen können.

Die Anwendung der Augmented-Reality-Technologie in Stendal ist ein Beispiel dafür, wie moderne Technik genutzt werden kann, um Vergangenheit zu bewahren und zugänglich zu machen. Dies könnte auch dazu beitragen, die Besucherzahlen in der Region zu erhöhen und das kulturelle Erbe lebendig zu halten. Laut aktuellen Berichten sind Technologien wie diese entscheidend für die Entwicklung des Kulturtourismus in Deutschland und darüber hinaus, da sie eine Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart schlagen

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Lebt in Spandau und ist seit vielen Jahren freier Redakteur für Tageszeitungen und Magazine im DACH-Raum.
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