Am 16. Januar 2025 wurde eine detaillierte Untersuchung des tragischen Attentats auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg veröffentlicht. Der Täter, Taleb A., ein 50-jähriger Psychiater aus Saudi-Arabien, hatte kurz vor Weihnachten sechs Menschen getötet und 292 weitere verletzt. Dies geschah trotz der Tatsache, dass die Sicherheitsbehörden bereits über 110 Kontakte zu ihm dokumentiert hatten, was weit über den anfänglichen 80 Kontakten lag, die zuvor bekannt waren. Die Behörden waren in mehreren Bundesländern, darunter Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen, involviert, sowie in wichtigen Institutionen wie dem Bundeskriminalamt, dem Bundesnachrichtendienst und dem Bundesamt für Verfassungsschutz.
Eine Chronologie der Vorfälle zeigt, dass der erste Kontakt mit Taleb A. im Jahr 2013 stattfand, als er in einem Telefonat mit der Ärztekammer mit einem Anschlag drohte und daraufhin zu 90 Tagessätzen verurteilt wurde. Dies war der Beginn einer langen Reihe von Vorfällen, die das Interesse der Sicherheitsbehörden weckten. Allen voran zeigten sich die Saudi-Arabischen Behörden immer wieder besorgt über Taleb A. und wandten sich 2014 und 2015 mit Anfragen an das Bundesamt für Verfassungsschutz, die jedoch ohne weitere Bearbeitung blieben.
Unzureichende Behandlung von Warnungen
Insgesamt liefen gegen Taleb A. 14 Ermittlungsverfahren. Diese wurden jedoch häufig wegen mangelndem Tatverdacht eingestellt. Sicherheitsbehörden ignorierten dabei oftmals Italien Hinweise, die auf seine extremistischen Neigungen hindeuteten. So drohte er beispielsweise 2015, sich eine Pistole zu kaufen, um zwei Richter zu erschießen, doch auch hier kam es nicht zu einer nennenswerten Reaktion von Seiten der Behörden.
Die nachträgliche Analyse des Falls zeigt, dass eine bessere Vernetzung der Sicherheitsbehörden nötig gewesen wäre. Mehrere Politiker, einschließlich SPD-Innenpolitiker Lars Castellucci und Unionskollege Alexander Throm, forderten öffentlich einen besseren Datenaustausch und weniger restriktiven Datenschutz in solchen Fällen. In diesem Kontext äußerte Astrid Passin, Sprecherin der Hinterbliebenen des Breitscheidplatz-Attentats, die Forderung, das Magdeburger Attentat als Terroranschlag zu klassifizieren.
Folgen und politische Reaktionen
In der politischen Debatte wurden die Parallelen zur Situation rund um den Breitscheidplatz-Attentäter Anis Amri deutlich. Wie bei Amri lagen auch bei Taleb A. zahlreiche Hinweise vor, die jedoch nicht zu einem rechtzeitigen Eingreifen führten. Taleb A. trat öffentlich als Aktivist auf und geriet in den Fokus der Ermittlungen wegen Vorwürfen zu Menschenhandel und Asylmissbrauch. 2023 beantragte Saudi-Arabien eine „Red-Notice“ zur Auslieferung, die aufgrund seines Flüchtlingsstatus nicht umgesetzt werden konnte.
Bundesjustizminister Volker Wissing kündigte an, die Opfer des Magdeburger Anschlags wie Terroropfer zu behandeln, was eine deutliche Signalwirkung für die kommenden politischen Maßnahmen haben könnte. Die Diskussion über die Kategorisierung des Anschlags könnte auch dazu führen, dass weitreichende Reformen im Sicherheits- und Informationssystem angestoßen werden, um solche Tragödien in Zukunft zu verhindern.
Der Fall Taleb A. wirft grundlegende Fragen über die Effektivität der Sicherheitsbehörden und den Datenschutz auf. Wie sich in der vergangenen Zeit gezeigt hat, können terroristische und kriminelle Aktivitäten häufig durch unzureichenden Informationsaustausch zwischen den verschiedenen Behörden begünstigt werden. Dieser Fall verdeutlicht die Notwendigkeit, umfangreiche Reformen anzustreben, um die Prävention von ähnlichen Verbrechen zu verbessern. Ein starker und transparenter Datenaustausch ist entscheidend, um die Sicherheit in Europa zu erhöhen, wie auch europäische Institutionen eindringlich betonen.