In einem aktuellen Bericht hat der Atommüll-Experte Warode vom BUND auf die Dringlichkeit einer tiefen-geologischen Lagerung für Atommüll hingewiesen. Eine wissenschaftlich fundierte Suche mit breiter Beteiligung ist erforderlich, um geeignete Standorte zu finden. In Sachsen-Anhalt wurden im Jahr 2020 bereits mehr als 12.000 Quadratkilometer mit geeigneten geologischen Eigenschaften identifiziert.
Die potenziell geeigneten geologischen Formationen in Sachsen-Anhalt umfassen Tongestein im Norden, Steinsalzgebiete sowie kristallines Wirtsgestein im Südosten. Ein zukünftiges Endlager müsste hochradioaktiven Müll aus etwa 1.900 Castor-Behältern aufnehmen; auch eine Lagerung von schwach- und mittelradioaktivem Abfall wäre denkbar, falls der Standort geeignet ist. Aufgrund der Strahlung müssen die Castoren mit Abstand gelagert werden, und es werden untertage Flächen zwischen drei und zehn Quadratkilometern benötigt.
Vergleich mit der Schweiz und Erfahrungen aus Morsleben
Die Entwicklung des Atommüll-Endlagerbauprojekts ist in der Schweiz bereits weiter fortgeschritten. In Stadel wird ein Endlager mit 14 Hektar Zugang und einer unterirdischen Fläche von 23 Quadratkilometern geplant. Die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) hat im November die erste Erlaubnis für den Bau des Endlagers beantragt. Die Gemeinde Stadel wird finanziell für die Duldung des Endlagers entschädigt, wobei diese Abgeltungen mehrere Hundert Millionen Schweizer Franken umfassen könnten. Diese Mittel sollen auch für lokale Projekte, wie zum Beispiel ein Schwimmbad oder eine Sportanlage, eingesetzt werden.
In Sachsen-Anhalt gibt es zudem bereits Erfahrungen mit dem Endlager Morsleben, das seit 1971 schwach- und mittelradioaktive Abfälle lagert. Morsleben hat bislang rund 37.000 Kubikmeter Abfälle in einer Tiefe von 480 Metern eingelagert. Der Prozess wurde jedoch 1998 gerichtlich untersagt. Aktuell sind etwa 180 Arbeitnehmer in Morsleben beschäftigt, um Stabilisierungsmaßnahmen und neue Techniken zur Endlagerung zu erproben. Der „Zukunftsfond Morsleben“ unterstützt Projekte in der Region mit einem Gesamtvolumen von 1,6 Millionen Euro. In diesem Zusammenhang wurden bereits knapp 30 Projekte, darunter Sanierungen und Gesundheitsangebote, finanziert.
Die Lagerung und Umverpackung der Castor-Behälter könnte potenziell Strahlenbelastungen verursachen, und die Endlageranlage wird voraussichtlich über einen Zeitraum von vierzig Jahren das Bild der Region prägen.
Stilllegungskonzept für Morsleben
Das Stilllegungskonzept für Morsleben sieht drei zentrale Maßnahmen vor: die Errichtung von Abdichtbauwerken unter Tage, die weitgehende Verfüllung des Bergwerks mit Salzbeton sowie den Verschluss der Gruben Marie und Bartensleben. Ziel dieser Maßnahmen ist ein dauerhaft sicheres Einschließen radioaktiver Abfälle und die Schaffung eines wartungsfreien Endlagers. Da ein Wassereintritt in der Zukunft nicht ausgeschlossen werden kann, wird die Erprobung spezieller Abdichtbauwerke unter Tage durchgeführt. Diese sollen radioaktive Abfälle vom Rest der Grube trennen und isolieren. Nach Abschluss der Stilllegungsmaßnahmen wird der Atommüll tief, umgeben von Beton und Salz, gelagert. Der Zeitrahmen für die Stilllegung hängt von der ausstehenden Genehmigung ab und könnte schätzungsweise 15 bis 20 Jahre in Anspruch nehmen.