Kleve

Apotheken-Reform im Kreis Kleve: Gefahr für Patientensicherheit?

Die bevorstehende Apotheken-Reform, die am 21. August 2023 vom Bundeskabinett beschlossen werden soll, sorgt im Kreis Kleve für massive Bedenken unter Apotheker und Patienten, da sie potenziell die Patientensicherheit gefährdet, indem sie Apotheken ohne qualifizierte Apotheker ermöglicht.

Die Diskussion über das Apotheken-Reformgesetz, das am 21. August 2023 im Bundeskabinett behandelt werden soll, wirft ernsthafte Fragen zur Patientensicherheit auf. Die geplanten Änderungen könnten dazu führen, dass Apotheker in bestimmten Apotheken nicht mehr notwendig sind. Diese Entwicklung sorgt für besorgte Stimmen unter den Apothekern, die vor den möglichen Risiken für die Patienten warnen.

Die Rolle der Apotheker im Gesundheitssystem

Im Kreis Kleve sind die Apotheker besonders besorgt über die bevorstehenden Veränderungen. Ulrich Schlotmann, der Pressesprecher der dortigen Apothekerschaft, erläutert die weitreichenden Konsequenzen, die eine solche Reform mit sich bringen könnte. „Es ist unverantwortlich, den Verzicht auf einen Apotheker zu ermöglichen“, sagt Schlotmann. Patienten könnten dadurch in eine Lage geraten, in der sie keinen qualifizierten Ansprechpartner mehr haben, was potenziell lebensbedrohlich sein kann.

Alarmierende Auswirkungen auf Patienten

Gerade Menschen mit chronischen Krankheiten oder akuten Beschwerden sind auf die kompetente Beratung und Unterstützung von Apothekers angewiesen. Schlotmann warnt davor, dass dies für schwerkranke Patienten, insbesondere solche, die auf starke Schmerzmittel angewiesen sind, katastrophale Folgen haben könnte. Seine Bedenken werden auch von Sabine Härter von der Deutschen Diabeteshilfe geteilt, die darauf hinweist, dass bereits bestehende Schließungen von Apotheken das Versorgungsniveau gefährden könnten. „Die Qualität der Versorgung darf nicht unter den bevorstehenden Veränderungen leiden“, betont sie.

Widerstand gegen die Reform

Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände hat bereits klargemacht, dass sie gegen diese Reform entschlossen vorgehen wird. Der mögliche Vertrauensverlust in die Arzneimittelversorgung ist ein zentrales Anliegen der Verbände. „Wenn auf einer Apotheke steht ‚Apotheke‘, dann muss auch ein Apotheker vorhanden sein“, fordert Schlotmann und verweist darauf, dass Patienten ein Recht auf kompetente Beratung haben.

Versorgungsengpässe und fehlendes Personal

Zusätzlich zur Gefährdung durch unqualifiziertes Personal wird befürchtet, dass bestehende Probleme wie Lieferengpässe bei Arzneimitteln weiter verschärft werden könnten. „In jedem zweiten Rezept fehlen bereits jetzt wichtige Medikamente“, so Schlotmann weiter. Die Delegierung von Verantwortung an weniger geschultes Personal in dieser angespannten Situation sei grob fahrlässig.

Finanzielle Herausforderungen der Apotheken

Ein weiterer kritischer Punkt ist die finanzielle Unterversorgung vieler Apotheken. Schlotmann fordert eine Erhöhung der Vergütung für Apotheken als grundlegenden Schritt zur wirtschaftlichen Stabilität. Nach über zehn Jahren stagnierender Honorare seien die Kosten erheblich gestiegen und hätten viele Apotheken in eine prekäre Lage gebracht. „Wir müssen finanzielle Unterstützung erhalten, um zukünftige Schließungen und Versorgungsengpässe zu verhindern“, erklärt er eindringlich.

Ein Blick in die Zukunft des Gesundheitssystems

Die angedeutete Abkehr der Bundesregierung von ihrem Versprechen zur Wahrung der Qualität im Gesundheitswesen könnte das Vertrauen der Bevölkerung weiter untergraben. Der Kreislauf aus möglichen Reformen und den realen Auswirkungen auf Patienten sorgt für eine angespannte Stimmung unter den Gesundheitsdienstleistern und den Betroffenen selbst.

Aktuelle politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen

Die Debatte um das Apotheken-Reformgesetz findet in einem komplexen politischen und wirtschaftlichen Kontext statt. Die COVID-19-Pandemie hat die Gesundheitsversorgung weltweit auf die Probe gestellt und dazu geführt, dass viele Länder, einschließlich Deutschland, die Strukturen ihrer Gesundheitssysteme überdenken müssen. Die finanzielle Belastung der Apotheken hat zugenommen, was teilweise auf steigende Betriebskosten und sinkende Margen zurückzuführen ist. Laut dem ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände müssen viele Apotheken ihre Dienstleistungen anpassen oder gar schließen, um wirtschaftlich überleben zu können.

Der Einfluss von Arzneimittel-Lieferengpässen

Lieferengpässe bei Arzneimitteln sind ein immer wiederkehrendes Thema im deutschen Gesundheitswesen. Laut einer Umfrage der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) geben 78 % der Apotheker an, dass sie in den letzten zwölf Monaten häufig mit Lieferengpässen konfrontiert waren. Diese Engpässe können dazu führen, dass Patienten nicht die benötigte Medikation erhalten, was insbesondere für chronisch kranke Menschen katastrophale Folgen haben kann.

Reaktionen aus der Wissenschaft

Experten aus dem Bereich der Gesundheitswissenschaften haben sich ebenfalls zu den geplanten Reformen geäußert. Dr. med. Peter Kriedel, ein Experte für Arzneimittelversorgung, betont: „Die direkte Beratung durch einen Apotheker ist für viele Patienten von entscheidender Bedeutung. Es ist entscheidend, dass Patienten in gesundheitlichen Fragen qualifizierte Unterstützung erhalten.“ Diese Meinung wird durch die Ergebnisse einer Studie der Bundesärztekammer unterstützt, die zeigt, dass persönliche Beratungen in der Apotheke das Risiko von Medikationsfehlern signifikant reduzieren können.

Zukünftige Entwicklungen im Apothekenwesen

Die Zukunft der Apotheken in Deutschland könnte stark von den Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Reformgesetz abhängen. Sollte das Gesetz verabschiedet werden, könnten innovative Geschäftsmodelle entstehen, während gleichzeitig traditionelle Modelle unter Druck geraten könnten. Laut einem Bericht von Statista wird erwartet, dass die digitale Transformation des Gesundheitssektors zunehmen wird. Dabei spielt die Rolle von Online-Apotheken und Telemedizin eine zunehmend wichtige Rolle.

Fazit und Ausblick

Die anstehenden Entscheidungen über das Apotheken-Reformgesetz haben weitreichende Implikationen für Patienten, Apotheker und das gesamte Gesundheitssystem in Deutschland. Die besorgten Stimmen der Apotheker und Patienten sind ein klarer Indikator dafür, dass umfassende Überlegungen zur Sicherstellung einer hochwertigen Arzneimittelversorgung notwendig sind. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Situation entwickeln wird und welche Schritte ergriffen werden können, um sowohl die Qualität als auch die Zugänglichkeit der Versorgung zu gewährleisten.

Lebt in Dresden und ist seit vielen Jahren freier Redakteur für Tageszeitungen und Magazine im DACH-Raum.
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