GüterslohKultur

Riefenstahl: Ein Blick hinter die Fassade der Propagandistin

Im Dokumentarfilm «Riefenstahl», der auf dem Filmfestival in Venedig Premiere feierte, wird das widersprüchliche Bild der Nazi-Propagandistin Leni Riefenstahl (1902-2003) beleuchtet, deren manipulative Selbstinszenierung und unpolitische Legende durch neu entdeckte Interviews und private Aufzeichnungen widerlegt werden, was die kritische Auseinandersetzung mit ihrer Rolle im Nationalsozialismus von großer Bedeutung macht.

Eine außergewöhnliche Doku über Leni Riefenstahl hat kürzlich beim Filmfestival in Venedig Premiere gefeiert. Der Film mit dem Titel „Riefenstahl“, unter der Regie von Andres Veiel und produziert von Sandra Maischberger, ist eine faszinierende wie erschreckende Auseinandersetzung mit der umstrittenen Filmemacherin und ihrem Erbe. Losgelöst von jeglicher Heroisierung zeigt die Dokumentation, wie Riefenstahl, die in der Zeit des Nationalsozialismus Filme für Adolf Hitler drehte, ihrer eigenen Vergangenheit ins Gesicht sieht.

In einer eindringlichen Videoaufnahme aus dem Jahr 1993 ist Riefenstahl dabei zu beobachten, wie sie begeistert über die Details ihrer eigenen Filme sprach, während im Hintergrund die marschierenden Klänge der Propagandamusik zu hören sind. Diese Bilder bieten dem Zuschauer einen schockierenden Einblick in die Selbstwahrnehmung einer Frau, die sich durch ihre Kunst untrennbar mit dem Regime verband, dessen Verbrechen heute unbestreitbar sind.

Ein Blick auf die Manipulation

Das Filmteam liefert ein vielschichtiges Bild von Riefenstahl, die stets darauf bedacht war, sich selbst ins beste Licht zu rücken. „Sie war eine großartige Manipulatorin – und sie war Schauspielerin“, sagte Maischberger. Die Dokumentation wird durch Aufzeichnungen ihres Nachlasses bereichert, der Veiel und Maischberger als erste zugänglich war. Dies ermöglicht eine tiefere Analyse ihres Verhältnisses zum NS-Regime.

Durch akribische Recherchen kam ans Licht, dass Riefenstahl 1932 Hitlers „Mein Kampf“ gelesen und sich nach deren Lektüre als Nationalsozialistin bezeichnet hatte. Dieser neue Blick auf ihre Vergangenheit können bislang unbekannte Facetten aufdecken. „So ein Dokument hätte ihre mühevoll aufgebaute Legende einer ‚Unpolitischen‘ mit einem Schlag eingerissen“, erklärt Veiel bezüglich der Erkenntnisse, die aus Riefenstahls persönlichem Archiv gewonnen werden konnten. Der Film knüpft nicht nur an diese Entdeckungen an; er zeigt auch private Einblicke, einschließlich Telefonate und persönliche Aufzeichnungen, die Riefenstahls wahren Charakter offenbaren könnten.

Riefenstahl wird auch als Frau mit einem komplexen privaten Leben dargestellt. In der Dokumentation wird erwähnt, dass Joseph Goebbels versucht hatte, sie für sich zu gewinnen, was sie jedoch als Belästigung ansah. „Was er alles probiert hat, um mich zu kriegen“, erinnert sie sich. Solche Passagen zeigen, dass ihr Leben nicht nur von ihrer Verbindung zum Regime, sondern auch von persönlichen Herausforderungen geprägt war.

Nach dem Zweiten Weltkrieg fand Riefenstahl eine neue Leidenschaft in der Fotografie, blieb jedoch privat distanziert gegenüber ihrer eigenen ikonischen Vergangenheit. Trotz ihrer millionenschweren Filme, die die Ideologie des NS-Regimes propagierten, gab sie oft an, unpolitisch gewesen zu sein. Ihre Aussage über „Triumph des Willens“ aus dem Jahr 1993, dass Antisemitismus und Rassenlehre darin nicht thematisiert werden, steht dem entgegen und wirft Fragen nach ihrer Integrität auf.

Maischberger, die Riefenstahl an dessen 100. Geburtstag für ein Interview traf, beschreibt diese als „durch und durch überzeugte Faschistin und Nationalsozialistin“. Diese Einschätzung unterstreicht die von ihr gewonnenen Erkenntnisse nach intensiver Forschung im Nachlass. Der Film „Riefenstahl“ wird am 31. Oktober in die Kinos kommen und damit die Debatte über Riefenstahls Erbe und die Faszination ihrer Filme erneut anstoßen.

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