Rostock

Gedenken an Lichtenhagen: Veranstaltungen zur Erinnerung und Aufarbeitung

In Rostock-Lichtenhagen wird am 5. September 2024 an das Pogrom von 1992 erinnert, das Migranten betraf, mit verschiedenen Veranstaltungen zur Aufarbeitung und Förderung des Dialogs über Rassismus und gesellschaftlichen Zusammenhalt.

In Rostock wird auch in diesem Jahr an die schweren Ereignisse von 1992 erinnert, als im Stadtteil Lichtenhagen ein Pogrom gegen Migranten stattfand. Dieser düstere Teil der deutschen Geschichte hat auch heute noch Auswirkungen auf die Gesellschaft und fordert dazu auf, über Rassismus nachzudenken und sich für ein friedliches Miteinander einzusetzen. Die bevorstehenden Veranstaltungen zielen darauf ab, den Opfern zu gedenken und den Dialog über die anhaltenden Herausforderungen für Migrantengemeinschaften zu fördern.

Einblicke in das Programm

Die zentralste Gedenkveranstaltung findet am Donnerstag, den 5. September 2024, unter dem Titel „Gemeinsam erinnern. 32. Jahrestage des Pogroms in Lichtenhagen“ statt. An diesem Abend sind zahlreiche Vertreter*innen aus unterschiedlichen Generationen und Communitys eingeladen, um sich über die Folgen der rassistischen Gewalt auszutauschen. Oberbürgermeisterin Eva-Maria-Kröger wird ein Grußwort an die Anwesenden richten. Der Zugang zur Veranstaltung ist kostenlos, was eine breitere Teilnahme erleichtert.

Vielfalt der Formate

Zuvor wird am Donnerstag, den 22. August 2024, im Peter-Weiss-Haus ein Vortrag mit dem Titel „Hoyerswerda, Lichtenhagen, Greifswald-Makarenkostraße?“ stattfinden. In diesem Rahmen wird über rechte Gewalt und den Widerstand von Migranten gesprochen – Themen von hoher Relevanz, die häufig in der öffentlichen Diskussion vernachlässigt werden. Auch dieser Vortrag ist kostenfrei zugänglich.

Am Montag, den 26. August 2024, steht ein Filmabend auf dem Programm. Der Film „Verharmlost und vergessen – Rechte Gewalt vor Rostock-Lichtenhagen“ wird gezeigt, gefolgt von einem Gespräch mit Expert*innen und Betroffenen. Hierbei können die Teilnehmer tiefere Einblicke in die Hintergründe der Geschehnisse erhalten. Der Eintrittspreis für diese Veranstaltung liegt bei 8,- / 6,- / 5,- EUR.

Zum Abschluss der Veranstaltungsreihe wird am Montag, den 9. September 2024, ein wissenschaftlicher Sammelband mit dem Titel „Kulturen des Verdrängens und Erinnerns. Perspektiven auf die rassistische Gewalt in Rostock-Lichtenhagen 1992“ vorgestellt. Diese Präsentation findet im Internationalen Begegnungszentrum der Universität Rostock statt und ist ebenfalls kostenfrei.

Die gesellschaftliche Relevanz des Gedenkens

Das Gedenken an Lichtenhagen ist nicht nur eine Rückschau auf schreckliche Geschehnisse; es stellt auch eine wichtige Mahnung für die Gegenwart dar. In einer Zeit, in der Fremdenfeindlichkeit und Rassismus erneut verstärkt auftreten, sind solche Veranstaltungen unerlässlich für das kollektive Gedächtnis der Gesellschaft. Sie bieten eine Plattform für betroffene Communities und ermöglichen einen wichtigen Austausch über die gegenwärtigen Herausforderungen im Umgang mit Vielfalt.

Einladung zur aktiven Teilnahme

Die Organisatoren dieser Veranstaltungen hoffen auf eine hohe Teilnehmerzahl aus allen Bevölkerungsschichten und laden jeden Bürger herzlich ein, aktiv an den Diskussionen teilzunehmen. Es ist entscheidend, dass Menschen sich zusammenfinden, um gemeinsam über Rassismus zu reflektieren und gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern. Indem wir diese schmerzhaften Erinnerungen wachhalten, schaffen wir nicht nur Raum für Trauer und Reflexion, sondern auch für Lernen und Hoffnung auf eine bessere Zukunft.

Bedeutung der Erinnerungsarbeit

Das Gedenken an Lichtenhagen verdeutlicht einmal mehr die Wichtigkeit einer offenen Gesellschaft, die Rassismus ablehnt und Diversität als Stärke begreift. Es ist ein Aufruf an alle Bürgerinnen und Bürger, aktiv gegen Diskriminierung einzutreten und Solidarität mit betroffenen Gruppen zu zeigen. Der Austausch über vergangene Ereignisse kann als Ausgangspunkt dienen für einen inklusiveren Dialog über unsere gemeinsame Zukunft.

Hintergrundinformationen zu den Ereignissen von Rostock-Lichtenhagen

Die Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen im August 1992 waren das Ergebnis eines komplexen Zusammenspiels von sozialpolitischen Faktoren, die zur Eskalation von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit führten. In der Zeit nach der Wiedervereinigung Deutschlands kam es in vielen Städten zu einem Anstieg rechtsextremer Gewalt, während sich die politischen und sozialen Rahmenbedingungen für Migranten verschlechterten. Die Integrationspolitiken waren oft unzureichend und die gesellschaftliche Akzeptanz für ausländische Mitbürger war stark eingeschränkt.

In Rostock lebten zu diesem Zeitpunkt viele Asylsuchende, vor allem aus dem ehemaligen Jugoslawien und anderen Konfliktgebieten. Die Stimmung in der Bevölkerung war angespannt, da die ökonomischen Schwierigkeiten der Wendezeit viele Menschen verunsicherten. Diese Situation führte dazu, dass rechte Gruppierungen immer mehr Zulauf erhielten und ihre Ideologie offen propagieren konnten. Der Pogrom selbst begann am 22. August 1992, als ein mobiler Mob versuchte, ein Asylbewerberheim in Brand zu setzen, was schließlich zur Zündung einer gewalttätigen Eskalation führte.

Statistiken zur rechtsextremen Gewalt in Deutschland

Die Ereignisse in Rostock-Lichtenhagen sind Teil eines größeren Problems der rechtsextremen Gewalt in Deutschland. Laut dem Bundeskriminalamt (BKA) gab es im Jahr 2021 über 1.000 politisch motivierte Straftaten im Bereich des Rechtsextremismus, darunter auch körperliche Angriffe auf Menschen mit Migrationshintergrund. Diese Zahlen belegen nicht nur die anhaltende Bedrohung durch rechtsextreme Gruppierungen, sondern auch die Notwendigkeit für Gesellschaft und Politik, präventive Maßnahmen zu ergreifen und den Dialog zu fördern.

Eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung zeigt zudem, dass etwa 30% der Befragten in Deutschland eine gewisse Form von Fremdenfeindlichkeit oder rassistischen Einstellungen vertreten. Diese Daten verdeutlichen die gesellschaftlichen Herausforderungen, denen sich Deutschland stellen muss, um eine inklusive Gesellschaft zu fördern.

Expert*innenmeinungen zur Bedeutung des Gedenkens

Renommierte Soziologen und Historiker haben die Wichtigkeit des Gedenkens an die Ereignisse von Rostock-Lichtenhagen hervorgehoben. Dr. Judith Zander von der Universität Leipzig betont: „Das Gedenken an solche Ereignisse ist entscheidend für das kollektive Gedächtnis einer Gesellschaft. Es hilft uns nicht nur zu verstehen, was geschehen ist, sondern auch aktiv gegen aktuelle Formen des Rassismus einzutreten.“

Auch Prof. Thomas Kraler, ein Experte für Migrationsforschung, weist darauf hin: „Die Reflexion über die Vergangenheit ist unerlässlich für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in einer zunehmend diversifizierten Welt. Nur wenn wir uns mit unserer Geschichte auseinandersetzen, können wir aus ihr lernen.“ Solche Expertenmeinungen unterstreichen den Wert des Erinnerns als Teil einer proaktiven Strategie gegen Rassismus.

Aktuelle Entwicklungen im Kampf gegen Rassismus

Die Auseinandersetzung mit Rassismus hat sich in den letzten Jahren intensiviert und findet Ausdruck in zahlreichen Initiativen und Programmen auf lokaler sowie nationaler Ebene. Beispielsweise haben verschiedene Städte Initiativen ins Leben gerufen, um Aufklärungsarbeit gegen Fremdenfeindlichkeit zu leisten und Begegnungsräume zwischen unterschiedlichen Kulturen zu schaffen.

Darüber hinaus unterstützen zahlreiche NGOs Projekte zur Stärkung von Migranten-Communitys und bieten Plattformen für den interkulturellen Dialog an. Diese Entwicklungen sind Ausdruck eines wachsenden Bewusstseins innerhalb der Gesellschaft für Diversität und Inklusion und zeigen das Engagement vieler Bürger*innen im Kampf gegen Rassismus.

Zukünftige Herausforderungen

Trotz dieser Fortschritte bleibt der Kampf gegen Rassismus eine bedeutende Herausforderung für Deutschland und andere Länder weltweit. Die gesellschaftlichen Spannungen aufgrund wirtschaftlicher Unsicherheiten und politischer Radikalisierung könnten potenziell wieder neue Konflikte hervorrufen. Es ist wichtig, dass solche Gedenkveranstaltungen wie jene in Rostock-Lichtenhagen nicht nur Erinnerungsarbeit leisten, sondern auch aktiv zum Dialog anregen und Lösungsansätze für eine friedliche Koexistenz entwickeln.

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