Trotz der Aussicht auf eine vielversprechende berufliche Zukunft musste die 18-jährige Aysu Deutschland verlassen. Dies geschah in der vergangenen Woche und hat die Menschen in der Region aufgerüttelt. Am Montag versammelten sich rund 80 Personen vor dem Regierungspräsidium in Gießen, um für die Rückkehr der jungen Frau aus Aserbaidschan zu protestieren. Die Teilnehmer riefen lautstark: „Holt Aysu zurück!“ und drückten ihre Enttäuschung über die Entscheidung aus, die Aysu das Leben in Deutschland verwehrt.
Aysu lebte bis vor kurzem in einer Mädchenwohngruppe in Großen-Linden, nachdem sie vor zwei Jahren mit ihrer Familie nach Deutschland kam. Ihre Situation verschärfte sich, als ihr straffällig gewordener Vater abgeschoben wurde und ihre Mutter spurlos verschwand. Aysu wurde als unbegleitete Minderjährige eingestuft und kämpfte sich trotz der widrigen Umstände durch das deutsche Bildungssystem. Sie lernte schnell Deutsch, schloss die Schule in Wetzlar ab und war dabei, eine Ausbildung zur Pflegefachkraft in Linden anzutreten.
Unerwartete Wendung in der Ausländerbehörde
Am Donnerstag, als sie zusammen mit dem Leiter ihrer Wohngruppe, Elmar Schaub, zur Ausländerbehörde ging, sah alles vielversprechend aus. Die beiden waren optimistisch und scherzten, da sie dachten, Aysu würde ihre Arbeitsgenehmigung erhalten. Doch plötzlich änderte sich die Situation abrupt. Drei Polizisten betraten das Büro und informierten Aysu, dass sie Deutschland sofort verlassen müsse. Schaub berichtet, dass Aysu in diesem Moment in Panik verfiel und bewusstlos wurde, da ihr Traum, in Deutschland zu bleiben und zu arbeiten, in Bruchteilen von Sekunden zerplatzte. Nur wenige Stunden später hob ein Flugzeug in Frankfurt nach Baku ab, mit Aysu an Bord.
Die Unterstützung für Aysu war stark, unter den Demonstranten vor dem Regierungspräsidium befanden sich nicht nur ihre ehemaligen Mitbewohnerinnen, sondern auch Anwohner und Mitglieder der „Omas gegen Rechts“. Viele betonten, dass Aysu trotz ihrer Herausforderungen gut integriert war und ein Vorbild für andere Jugendliche darstellte. „Wie kann man jemandem, der sich so bemüht, die Chance nehmen, hier zu bleiben?“, fordert Schaub nachdrücklich.
Fragen zur Entscheidung
Besonders erschreckend finden es viele, dass Aysu in dem Moment abgeschoben wurde, in dem eine Ausbildungsstelle in der Pflege auf sie wartete. Timmo Scherenberg, Geschäftsführer des Hessischen Flüchtlingsrats, machte darauf aufmerksam, dass ihre Abschiebung aus einer Jugendhilfeeinrichtung geschah, was den Fall umso bedenklicher macht. „Es ist unverständlich, dass eine so junge und gut integrierte Person zurückgeschickt wird, während wir im Ausland aktiv um Pflegekräfte werben“, fügte er hinzu.
Unklar bleibt auch, warum die Duldung von Aysu nicht verlängert wurde. Der Gesetzgeber hatte in der Vergangenheit der jungen Frau keine Verlängerung ihrer Aufenthaltsgenehmigung gewährt, was zu Verwirrung und Frustration führte. Die Unterstützer vor Ort hoffen auf eine Rückkehr von Aysu, die jedoch durch ein Wiedereinreiseverbot nach ihrer Abschiebung kompliziert wird. „Wir lassen nicht zu, dass solche Dinge in unserer Stadt geschehen“, betont Gerlinde Bauer von den „Omas gegen Rechts“ und fordert, dass der Fall erneut überprüft wird.
In der Behörde wurde die Abschiebung von Aysu offiziell als Entscheidung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge angesehen. Laut einer Mitteilung des Regierungspräsidiums Gießen war eine Ausreisepflicht für Aysu bereits seit zwei Jahren gegeben, jedoch hatten sich in der Vergangenheit keine den Umständen entsprechenden Lösungen gefunden. Aysus Situation bleibt angespannt, da sie in Aserbaidschan allein und ohne Unterstützung zurückgelassen wurde. Obwohl sie eine Unterkunft organisiert hat, ist die Lage für die junge Frau schwierig.