Die Übernahme des Görlitzer Waggonbaus durch den deutsch-französischen Rüstungskonzern KNDS nimmt konkrete Formen an. Wie tag24 berichtet, plant KNDS, künftig Panzerteile im Görlitzer Werk zu fertigen, ein Schritt, der die traditionsreiche Produktion von Waggons und Zügen in Frage stellt. Das Görlitzer Werk hat eine über 175-jährige Geschichte und gilt als Geburtsort der Doppelstockzüge. Eine Pressekonferenz von Alstom, dem aktuellen Eigentümer des Waggonbaus, und KNDS, an der auch Bundeskanzler Olaf Scholz teilnehmen wird, ist für Freitag angekündigt.
Bereits im vergangenen Jahr hatte KNDS angedeutet, dass eine solche Umstellung nicht ausgeschlossen sei. Die sächsische Linke zeigt sich hingegen besorgt und kritisiert die Entwicklung als eine falsche Richtung. Der Landeschef der Linken, Stefan Hartmann, merkt an, dass dies ein Versagen der Landes- und Bundespolitik sei und es schwierig sein werde, den Standort in seiner bisherigen Form zu erhalten.
Stimmung unter den Mitarbeitern
Die Diskussionen über die Zukunft des Industriestandorts Görlitz sind hitzig. Die Alstom-Mitarbeiter in Görlitz sollen bald in der Herstellung von Panzerteilen tätig werden, wie sächsische.de berichtet. Der Betriebsrat gibt sich zurückhaltend, was die öffentliche Diskussion über die Stimmung der Mitarbeiter betrifft. Dennoch ist zu hören, dass die Meinungen unter den Beschäftigten unterschiedlich sind. Während einige sich andere Perspektiven gewünscht hätten, äußert ein größerer Teil Optimismus gegenüber der Übernahme durch KNDS.
Uwe Garbe, der Erste Bevollmächtigte der IG Metall Ostsachsen, hat zur Stimmung unter den Mitarbeitern Stellung genommen. Die unterschiedlichen Reaktionen könnten im Kontext der aktuellen Entwicklungen auf dem Rüstungsmarkt betrachtet werden. In den letzten Jahren wurde die Ausweitung der Rüstungsproduktion in Deutschland verstärkt, was auch durch die geopolitischen Spannungen und die damit verbundenen Verteidigungsausgaben begünstigt wird.
Wachstum der Rüstungsindustrie
Im weiteren Kontext ist die Rüstungsindustrie in Deutschland ein bedeutender Wirtschaftszweig. Laut tagesschau waren 2020 über 55.500 Menschen in der deutschen Rüstungsindustrie beschäftigt. Die Branche hat allerdings stagnierende Umsätze zu verzeichnen – von 11,69 Milliarden Euro im Jahr 2015 auf 11,28 Milliarden Euro im Jahr 2020. Deutschland hat einen globalen Marktanteil von nur 1,6 Prozent, wobei die USA den weltweiten Rüstungsmarkt mit 51 Prozent dominieren.
Die Bundesregierung hat eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben angekündigt, einschließlich eines Sondervermögens von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr. Dies könnte auch eine langfristige Stabilität für die Mitarbeiter in Görlitz bedeuten – vorausgesetzt, sie können sich mit der Produktion von Panzerteilen anfreunden.
Die Entwicklungen in Görlitz und die mögliche Umstellung auf Rüstungsproduktion sind nicht nur ein Thema von wirtschaftlicher Relevanz, sondern werfen auch tiefgehende Fragen über die Zukunft eines der ältesten Waggonbauwerke Deutschlands auf.