BonnDeutschlandDresden

Chipfabrik in Dresden: Chancen und Risiken im Schatten Chinas

Reint E. Gropp, Präsident des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung, äußert am 20. August 2024 in Bonn Bedenken zur neuen Chipfabrik von TSMC in Dresden, indem er auf die anhaltende Abhängigkeit von China hinweist und warnt, dass die erhoffte Arbeitsplatzschaffung aufgrund des aktuellen Arbeitskräftemangels unrealistisch sein könnte.

Bonn (ots)

Am 20. August 2024 wurde in einer Diskussion über die bevorstehende Chipfabrik des taiwanesischen Unternehmens TSMC in Dresden eine besorgniserregende Einschätzung abgegeben. Reint E. Gropp, Präsident des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung in Halle, äußerte sich in einem Interview kritisch zur Erwartungshaltung rund um den Bau dieser Fabrik. Während viele Stimmen den geplanten Standort als einen Schritt in Richtung technologische Unabhängigkeit von China und zur Schaffung von Arbeitsplätzen feiern, warnt Gropp vor überzogenen Hoffnungen.

Die Befürworter des Projekts heben die Bedeutung der Chipfabrik hervor und sehen sie als Chance zur wirtschaftlichen Stabilität in der Region. Allerdings erklärt Gropp, dass die angestrebten Ziele, insbesondere die geostrategische Unabhängigkeit, kaum zu realisieren seien. „Die Abhängigkeiten werden sich nur auf eine andere Ebene der Lieferkette verlagern“, so der Experte. Dies sei besonders relevant, wenn man die Situation zwischen China und Taiwan im Blick hat.

Abhängigkeit von Lieferketten bleibt bestehen

Laut Gropp sind viele der notwendigen Zulieferprodukte nach wie vor stark von den asiatischen Märkten abhängig. Im Falle eines Konflikts zwischen China und Taiwan, warnte er, könnten die Werke in Dresden und Magdeburg lahmgelegt werden. „Wir können nicht die gesamte Lieferkette für Chips nach Europa verlagern“, betonte er. Diese Sichtweise wirft Fragen auf über die langfristige Sicherheit und Stabilität der Produktionsstätten in Deutschland und deren Fähigkeit, im globalen Wettbewerb Schritt zu halten.

Die geopolitischen Spannungen beeinflussen somit nicht nur die Produktionskapazitäten in Dresden, sondern auch die gesamte strategische Planung der Chipindustrie in Europa. Gropp fordert daher eine realistischere Betrachtung der Risiken und potenziellen Herausforderungen, die sich aus dieser Abhängigkeit ergeben können. Die Möglichkeit von Störungen in der Lieferkette ist eine Realität, die nach wie vor nicht ignoriert werden kann.

Arbeitsmarkt und subventionierte Projekte

Die hohen Subventionen, die für den Bau der Chipfabrik bereitgestellt werden, könnten paradoxerweise dazu führen, dass lokale Start-ups Schwierigkeiten haben, qualifizierte Mitarbeiter zu finden. Dies wirft die Frage auf, ob öffentliche Gelder an der richtigen Stelle investiert werden, insbesondere wenn man die Idee verfolgt, dass die öffentlich finanzierten Projekte auch der kleineren Unternehmen zugutekommen sollten. Gropp sieht die staatliche Unterstützung für die Produktion kritisch, besonders wenn damit Forschung und Entwicklung nicht ausreichend gefördert werden.

In Anbetracht der bisherigen Argumentation bleibt offen, ob die Investitionen in die Chipfabrik tatsächlich die Erwartungen erfüllen können, die an sie gerichtet werden. Gropp fordert eine eingehendere Analyse der tatsächlichen Herausforderungen und opportunen Lösungen, um sicherzustellen, dass die wirtschaftlichen Impulse nicht nur kurzfristige Erfolge, sondern nachhaltige Entwicklungen mit sich bringen.

Ein Blick auf zukünftige Perspektiven

Die Diskussion um die Chipfabrik in Dresden verdeutlicht die Komplexität des Themas. Während die Errichtung der Produktionsstätte sicherlich Chancen bietet, sollten die damit verbundenen Abhängigkeiten und Herausforderungen nicht außer Acht gelassen werden. Langfristige Stabilität und nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung sollten im Mittelpunkt aller Planungen stehen. Diese Erkenntnisse müssen in die zukünftige strategische Planung der Chipindustrie in Europa einfließen, um eine solide Grundlage für die Branche zu schaffen. Dabei gilt es, nicht nur kurzfristige wirtschaftliche Vorteile zu betrachten, sondern auch die strukturellen Veränderungen, die notwendig sind, um den technologischen Wandel nachhaltig zu gestalten.

Geostrategische Abhängigkeit von China

Die Diskussion über die Abhängigkeit von China im Chipsektor hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Laut Berichten von der Bundesregierung ist China ein entscheidender Akteur in der globalen Halbleiterlieferkette. Über 60 % der weltweiten Fertigung von Halbleitern findet in Asien statt, wobei Taiwan und China eine Schlüsselrolle spielen. Die Krise in der Ukraine und die Spannungen im Südchinesischen Meer haben das Bewusstsein für die Risiken dieser Abhängigkeit geschärft.

Der Konflikt zwischen China und Taiwan könnte nachhaltige Auswirkungen auf die globalen Märkte haben, da eine Unterbrechung in der Lieferkette massive Folgen für die Technologiebranche haben würde. Dabei spielen geopolitische Überlegungen eine zentrale Rolle, da viele westliche Länder versuchen, ihre Technologieproduktion zu diversifizieren und weniger anfällig für geopolitische Spannungen zu machen.

Arbeitsmarkt und Fachkräftemangel

Reint E. Gropp weist auf einen wichtigen Aspekt hin: den gegenwärtigen Arbeitskräftemangel in Deutschland, insbesondere in der Technologiebranche. Nach Angaben der Statistischen Bundesamtes fehlen in Deutschland aktuell mehr als 300.000 Fachkräfte im IT-Bereich allein. Diese Situation wird durch die Pläne zur Errichtung neuer Chipfabriken weiter verstärkt.

Die Herausforderung besteht darin, dass bestehende Unternehmen und Start-ups in der Region um Fachkräfte konkurrieren müssen. Statt einem Arbeitsplatzzuwachs könnte die Ansiedlung neuer Fabriken zu einem intensiven Wettbewerb um talentierte Arbeitskräfte führen, der kleinere aber innovative Unternehmen unter Druck setzen kann. Diese Dynamik könnte dazu führen, dass der Technologiestandort Deutschland in seiner Diversität und Innovationskraft gefährdet wird.

Ökonomische Auswirkungen und staatliche Subventionen

Die geplante Chipfabrik in Dresden wird mit erheblichen staatlichen Subventionen gefördert. Diese Subventionen werden oft als notwendig angesehen, um Rückstand und Abhängigkeit im Halbleitersektor aufzuholen. Ein Bericht von der Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hebt hervor, dass Investitionen in die Produktion von Halbleitern auch langfristige wirtschaftliche Vorteile für Deutschland bringen können.

Allerdings ist die Umwälzung des Marktes durch große Subventionen nicht ohne Risiken. Kritiker argumentieren, dass solche Maßnahmen zu einer Verzerrung des Wettbewerbs führen könnten. Dies könnte dazu führen, dass innovative Start-ups in Ostdeutschland an Attraktivität verlieren, wenn große Firmen durch staatliche Gelder in ihrer Position gestärkt werden. Langfristig könnte dies die Innovationskraft der gesamten Branche gefährden und das Ziel, ein führendes Zentrum für Halbleiterforschung und -produktion zu werden, in Frage stellen.

Mit einem beeindruckenden Portfolio, das mehr als zwei Jahrzehnte Berufserfahrung umfasst, ist unser Redakteur und Journalist ein fester Bestandteil der deutschen Medienlandschaft. Als langjähriger Bewohner Deutschlands bringt er sowohl lokale als auch nationale Perspektiven in seine Artikel ein. Er hat sich auf Themen wie Politik, Gesellschaft und Kultur spezialisiert und ist bekannt für seine tiefgründigen Analysen und gut recherchierten Berichte.
Schaltfläche "Zurück zum Anfang"