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Impfkampagne im Gazastreifen: Zwischen Polio-Schutz und Geiselnahme

Wenige Stunden vor dem Start der Polio-Impfkampagne im Gazastreifen entdeckt die israelische Armee mehrere Leichen, was zu heftiger Kritik an Ministerpräsident Netanjahu führt, während sich die öffentliche Debatte über die Sicherheit der Geiseln und die humanitäre Lage im Konfliktgebiet intensiviert.

Gaza/Tel Aviv (dpa) – In den letzten Stunden vor dem Start der Polio-Impfkampagne im Gazastreifen sorgt der Fund mehrerer Leichen für aufgeregte Diskussionen in Israel. Dabei blieb zunächst unklar, ob es sich bei den Toten um israelische Geiseln handelte. Angesichts der Situation erhoben sich kritische Stimmen gegen den israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu. Teilnehmer von Protestaktionen äußerten sich mit den Worten: „Netanjahu hat die Geiseln im Stich gelassen. Ab morgen wird das Land beben, die Öffentlichkeit ist aufgerufen, sich vorzubereiten.“

Am frühen Morgen, kurz nach Bekanntwerden der Leichensichtung, sollte die Impfkampagne gegen das polio-vírus, das Kinderlähmung verursacht, beginnen. Um diese durchzuführen, sind zeitlich und örtlich begrenzte Kampfpausen im abgeriegelten Küstengebiet notwendig. Diese humanitären Maßnahmen könnten eine entscheidende Rolle spielen, um sicherzustellen, dass Kinder sicher geimpft werden können.

Medienberichterstattung und öffentliche Reaktion

Die israelischen Streitkräfte forderten die Bevölkerung auf, keine Gerüchte zu verbreiten, während die Ermittlungen zur Bergung und Identifizierung der Leichen in vollem Gange sind. „Zu diesem Zeitpunkt sind die Truppen noch im Einsatz“, hieß es in einer Mitteilung des Militärs. Der Oppositionsführer Jair Lapid kritisierte Netanjahu scharf und warf ihm vor, sich mehr um unwichtige Themen zu kümmern, während „unsere Söhne und Töchter im Stich gelassen werden und in Gefangenschaft sterben“. Diese Aussagen zogen eine Welle der Empörung nach sich, und Tausende Menschen demonstrierten in Tel Aviv sowie an anderen Orten in Israel für eine Lösung zur Freilassung der Geiseln.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat eindringlich dazu aufgerufen, die Impfaktion sicherzustellen. Diese soll nach vorläufigen Plänen über mehrere Tage im südlichen Gazastreifen stattfinden, bevor die mobile Impfaktion in den nördlichen Bereich des Gebiets ausgeweitet wird. Das Ziel ist es, mehr als 90 Prozent der Kinder unter zehn Jahren zu impfen. Die WHO warnt, dass aufgrund der desolaten hygienischen Bedingungen im Küstenstreifen, wo viele Binnenflüchtlinge leben, eine rasche Verbreitung der Krankheit droht.

Bereits am Samstag wurden die ersten Impfungen bei einer Pressekonferenz der Gesundheitsbehörde, die von der Hamas kontrolliert wird, verabreicht. Netanjahus Büro stellte klar, dass es sich bei den vorgesehenen Kampfpausen nicht um eine umfassende Waffenruhe handelt. Lediglich humanitäre Korridore sollten erlaubt werden, damit Impfpersonal sicher arbeiten kann.

Politische Spannungen und humanitäre Herausforderungen

Die Infrastruktur zur Durchführung der Impfungen ist in vollem Gange. Über 2.200 Helfer sind geschult worden, um die Schutzimpfungen in einem äußerst gefährlichen Umfeld durchzuführen. Seit dem Ausbruch des Krieges im Oktober hat sich die katastrophale Lage in Gaza weiter verschärft; etwa 1,26 Millionen Impfdosen wurden bereits geliefert, und weitere 400.000 sollen bald folgen. Die Impfung erfolgt in zwei Dosen, die im Abstand von vier Wochen verabreicht werden müssen, um wirksam zu sein.

Trotz dieser Bemühungen stecken die Verhandlungen um eine dauerhafte Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas fest. Dies geschieht im Kontext von diplomatischen Bemühungen durch die USA, Ägypten und Katar. Ein zentraler Streitpunkt ist, wie lange israelische Truppen im Gazastreifen, insbesondere im Philadelphi-Korridor an der Grenze zu Ägypten, stationiert sein werden. Kritiker, darunter der Verteidigungsminister, sorgen sich, dass die israelische Kontrolle über diesen Korridor die Möglichkeit zur Befreiung der Geiseln behindern könnte.

Der Forum der Angehörigen der entführten israelischen Bürger hat in einem Brief an die WHO gefordert, auch die in Gaza festgehaltenen Kinder zu impfen, was die Dimension des Problems unterstreicht. Diese familiengerechten und gesellschaftlichen Spannungen werden von den fortwährenden Kämpfen und dem immer drohenden Risiko einer humanitären Katastrophe überlagert. Die aktuelle Zahl der in dem kriegsgeplagten Gebiet gesteigerten Todesopfer, die von den Behörden in Gaza mit über 40.600 angegeben wird, verdeutlicht die Komplexität dieser Situation.

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