Bremen

Ein neues Zuhause auf Zeit: Wie Bremer Pflegefamilien helfen

In Bremen bietet das Herrmann-Hildebrand-Haus Kindern, die aus gefährlichen Familienverhältnissen genommen wurden, durch „Mütter auf Zeit“ wie Claudia Tiedemann für acht Wochen ein liebevolles Zuhause, um ihnen eine positive Erfahrung und wichtige Unterstützung während ihrer schwierigen Zeiten zu ermöglichen.

In Bremen haben sich alternative Betreuungsmodelle für Kinder, die unter schwierigen Bedingungen leiden mussten, etabliert. Das Hermann-Hildebrandt-Haus hat hierfür sogenannte „Mütter auf Zeit“ ins Leben gerufen, um diesen Kindern ein neues Umfeld und eine vorübergehende familiäre Betreuung zu bieten.

Diese Initiative stellt eine Antwort auf die zunehmende Zahl von Inobhutnahmen dar, die das Jugendamt veranlasst, wenn Kinder in ihren Herkunftsfamilien mit Gewalt oder anderen schwerwiegenden Problemen konfrontiert werden. In solchen Fällen bietet das Herrmann-Hildebrandt-Haus in Oberneuland den betroffenen Kindern nicht nur einen sicheren Platz, sondern auch die Möglichkeit, in den Außenstellen für eine Zeitspanne bei Pflegefamilien unterzukommen.

Die Notwendigkeit von Pflegefamilien

Claudia Tiedemann hat sich vor kurzem entschieden, als „Mutter auf Zeit“ tätig zu werden. Diese 44-jährige Frau, die zuvor 22 Jahre als Kinderkrankenschwester gearbeitet hat, hat bereits zwei Kinder in ihren Haushalt aufgenommen. Zurzeit kümmert sie sich um den vierjährigen Alex, der aus seiner Familie herausgenommen wurde, nachdem er dort Opfer von Gewalt geworden war. „Die Kinder haben viel durchgemacht, und mein Ziel ist es, ihnen eine sorglose Zeit zu schenken“, äußert Tiedemann. Es ist eine enorme Verantwortung, die sie und andere Pflegeeltern übernehmen, verbunden mit der Herausforderung, diesen Kindern ein Gefühl von Sicherheit zu geben.

Die neue Struktur der Außenstellen im Hermann-Hildebrandt-Haus stellt eine deutliche Reaktion auf den steigenden Bedarf dar. Ulrich Kenkel, der die Einrichtung leitet, berichtet von der angespannten Situation. Die Einrichtung bietet Platz für Kinder im Alter von null bis 14 Jahren und hat die Anzahl der stationären Plätze sowie die Familienanschlussmodelle erweitert, um den unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht zu werden.

Diese Form der Betreuung erfordert eine besondere Vorbereitung. Claudia Tiedemann und ihr Mann Thomas, genauso wie ihr Sohn Claas, müssen sich an die Anwesenheit eines weiteren Kindes gewöhnen. „Es ist eine Umstellung für uns alle“, erklärt Thomas. Die Eingewöhnung in die neue familiäre Dynamik ist oft herausfordernd, da die Pflegemütter und ihre Familien lernen müssen, ihre Ressourcen so zu verteilen, dass jedes Familienmitglied genug Aufmerksamkeit erhält.

Die Praxis zeigt, dass solche Kinder oft viel mehr von ihren neuen Pflegefamilien benötigen als es zunächst den Anschein hat. Katja Busch, die ebenfalls als Mutter auf Zeit arbeitet, kümmert sich um den sechs Monate alten Mike, dessen dramatische Vorgeschichte eine intensive Betreuung erfordert. „Ich muss ständig auf der Hut sein, um im Notfall die richtigen Maßnahmen zu ergreifen“, sagt sie mit Blick auf die gesundheitlichen Herausforderungen, die Mike mitbringt.

Verabschiedung – Ein emotionaler Teil des Prozesses

Ein zentraler Aspekt bei der Arbeit mit Pflegekindern ist der Abschied. Die Pflegefamilien sind sich bewusst, dass ihr Aufenthalt nur vorübergehend ist. Claudia Tiedemann erklärt, wie schwierig der Abschied sein kann: „Wir geben den Kindern Fotobücher mit, die unsere gemeinsamen Erlebnisse festhalten. Ich finde es wichtig, dass sie eine Erinnerung an diese Zeit haben, auch wenn wir uns trennen müssen.“ Dieser emotionale Aspekt gehört zum Alltag, und trotz der professionellen Distanz, die gewahrt werden muss, ist der Abschied oft schwer.

Das Gehalt für die Arbeit als Pflegeeltern variiert. Durchschnittlich erhalten sie etwa 4500 Euro brutto pro Monat, zuzüglich weiterer Kostenbeteiligungen für Verpflegung und Unterkunft des Kindes. Eine solide Finanzierung ist fundamental, um diese anspruchsvolle, aber auch sehr lohnende Aufgabe zu bewältigen.

Die Initiative, Kinder aus belastenden Verhältnissen aufzunehmen, hat in Bremen an Bedeutung gewonnen. Das Hermann-Hildebrandt-Haus steht den Pflegefamilien während des gesamten Prozesses zur Seite und sorgt dafür, dass sowohl die Kinder als auch die Pflegeeltern eine stabilisierende Unterstützung erfahren. Kaltes Willkommen gibt es nicht; stattdessen zeigt die Arbeit hier das Potenzial, das in der vorübergehenden Familienbetreuung steckt. Diese Mütter auf Zeit leisten eine unschätzbare Arbeit, die sowohl von Herausforderungen als auch von vielen glücklichen Momenten geprägt ist.

Die rechtlichen Rahmenbedingungen der Inobhutnahme

Die Inobhutnahme von Kindern erfolgt in Deutschland nach spezifischen rechtlichen Vorgaben, die im Sozialgesetzbuch (SGB) VIII festgelegt sind. Gemäß § 42 SGB VIII kann das Jugendamt Kinder in Obhut nehmen, wenn diese in ihrer Familie in eine gefährliche Situation geraten sind, die ihre Entwicklung beeinträchtigen könnte. Dies kann beispielsweise bei Gewalt, Missbrauch oder einem unzureichenden familiären Umfeld geschehen.

Die Inobhutnahme hat das Ziel, das Wohl des Kindes zu gewährleisten und eine vorübergehende sichere Umgebung zu bieten. Eine wichtige rechtliche Grundlage ist, dass die Entscheidung zur Inobhutnahme nicht leichtfertig getroffen wird – es bedarf einer umfassenden Prüfung und oftmals auch der Zustimmung eines Familienrichters. Nach der Inobhutnahme wird das Jugendamt aktiv, um die Bedingungen für eine Rückkehr in die Familie zu prüfen oder alternative Betreuungsmöglichkeiten, wie etwa Pflegefamilien oder Heime, zu finden.

Psychologische Unterstützung für betroffene Kinder

Die psychische Belastung von Kindern, die in Pflegefamilien untergebracht werden, ist nicht zu unterschätzen. Die Erfahrungen von Gewalt oder Vernachlässigung in der leiblichen Familie können tiefgreifende Auswirkungen auf das psychosoziale Wohlbefinden der Kinder haben. In Einrichtungen wie dem Hermann-Hildebrandt-Haus wird daher großer Wert auf psychologische Unterstützung gelegt.

Ein Team aus Psychologen und Therapeuten steht sowohl den Pflegefamilien als auch den Pflegekindern zur Verfügung, um emotionale Anknüpfungspunkte zu schaffen und mögliche Verhaltensauffälligkeiten frühzeitig zu erkennen.

Statistiken zur Inobhutnahme von Kindern in Deutschland

Laut Berichten des Statistischen Bundesamts (Destatis) hat die Anzahl der Inobhutnahmen in Deutschland in den letzten Jahren zugenommen. Im Jahr 2021 wurden über 37.000 Kinder vorübergehend in Obhut genommen, was einen Anstieg von 5,3 % im Vergleich zu 2020 darstellt. Dies zeigt einen wachsenden Bedarf an alternativen Betreuungsformen und die steigende Sensibilisierung für Kindeswohlgefährdungen.

Darüber hinaus bestätigen Studien, dass Kinder, die in Pflegefamilien untergebracht sind, oft bessere Entwicklungs- und Bildungsfortschritte machen im Vergleich zu jenen, die in stationären Einrichtungen leben. Die positive Atmosphäre und individuelle Betreuung in Pflegefamilien scheint einen wesentlichen Einfluss auf ihre psychosoziale Entwicklung zu haben.

Finanzielle Unterstützung für Pflegefamilien

Die finanzielle Unterstützung für Pflegefamilien ist entscheidend, um sicherzustellen, dass sie die Bedürfnisse der Kinder erfüllen können. Neben dem monatlichen Gehalt erhalten Pflegefamilien zusätzlich Leistungen, die die Kosten für Verpflegung, Kleidung und Freizeitaktivitäten abdecken. Diese finanziellen Hilfen sind nicht nur für den Unterhalt der Kinder wichtig, sondern auch um den Pflegeeltern Planungssicherheit zu geben.

Ein weiterer Aspekt ist die Möglichkeit, Fortbildungsmaßnahmen in Anspruch zu nehmen, um die Pflegeeltern auf die speziellen Herausforderungen ihrer Rolle bestmöglich vorzubereiten. Diese Fortbildungen werden in der Regel von den zuständigen Jugendämtern oder entsprechenden Einrichtungen angeboten.

Die Bedeutung von Aufklärung und Prävention

Eine der wesentlichen Aufgaben der Jugendämter und Institutionen, die sich mit der Inobhutnahme von Kindern befassen, ist die Aufklärungsarbeit. Ziel ist es, das Bewusstsein für Kindeswohlgefährdungen in der Gesellschaft zu stärken. Programme zur Prävention von Gewalt in Familien oder zur Unterstützung von Eltern in Krisensituationen sind bedeutende Schritte, um die Zahl der notwendigen Inobhutnahmen zu reduzieren.

Darüber hinaus wird die Zusammenarbeit zwischen Schulen, Kindergärten und sozialen Diensten immer wichtiger, um frühzeitig Risiken zu erkennen und zu handeln. In Bremen besteht ein Netzwerk aus verschiedenen Institutionen, das darauf abzielt, betroffene Familien gezielt zu unterstützen, bevor es zur Inobhutnahme kommen muss.

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