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Rekordzahlen: Humanitäre Helfende unter tödlichem Druck weltweit

Die Zahl der tödlichen Angriffe auf humanitäre Helfende hat 2023 mit 280 Opfern ein Rekordniveau erreicht, wobei der Gazastreifen als tödlichster Ort gilt, und die Organisation Islamic Relief fordert nun mehr Schutz für diese gefährdeten Mitarbeitenden weltweit.

Köln (ots)

Die Situation für humanitäre Helfende wird immer prekärer. Laut Islamic Relief, die am heutigen Welttag der humanitären Hilfe auf die erschreckenden Entwicklungen aufmerksam machen, sind die Angriffe auf Mitarbeitende von Hilfsorganisationen in den letzten zwei Jahrzehnten um gewaltige 400 Prozent gestiegen. Im Jahr 2023 wurden bereits 280 Todesfälle unter den Helfern verzeichnet, was beinahe doppelt so hoch ist wie in jedem anderen Jahr der letzten 20 Jahre.

Was erschreckend ist, ist die Tatsache, dass diese Zunahme an Angriffen weitgehend ungestraft bleibt. Bereits im Jahr 2024 sind mindestens 176 humanitäre Helfende ums Leben gekommen, und mehr als die Hälfte dieser Tragödien ereigneten sich in Gaza, das mittlerweile als der gefährlichste Ort für humanitäre Arbeit gilt. Laut den neuesten Zahlen wurden seit Anfang des Jahres in 33 Ländern insgesamt 456 Mitarbeitende getötet, während 472 weitere verletzt oder entführt wurden.

Die Gefahren in Gaza und andernorts

Ein erschreckendes Bild zeichnet sich insbesondere im Gazastreifen ab, wo seit Oktober 2023 mindestens 286 Mitarbeitende von Hilfsorganisationen getötet wurden. Die meisten dieser Helfenden sind Palästinenserinnen und Palästinenser, die unter extremen Bedingungen arbeiten. Angriffe auf zivile Infrastruktur, einschließlich Krankenhäuser und Schulen, machen es für diese Mitarbeitenden zunehmend schwieriger, ihre Arbeit zu verrichten und gleichzeitig ihr eigenes Leben zu schützen.

Doch nicht nur in Gaza ist die Situation gefährdet. Der Sudan und der Südsudan stehen ebenfalls an der Spitze der Liste gefährlicher Länder für humanitäre Helfende. Seit Beginn des Konflikts im April 2023 wurden im Sudan 37 Mitarbeitende getötet und über 120 Büros und Lagerhäuser von bewaffneten Gruppen attackiert und geplündert. Die Gefahren, denen humanitäre Helfende gegenüberstehen, sind nicht nur das Resultat von kriegerischen Auseinandersetzungen, sondern auch von plündernden und gewalttätigen Gruppen, die in vielen dieser Regionen agieren.

Diese Angriffe sind nicht nur ein Verstoß gegen das Völkerrecht, sondern sie haben auch katastrophale Auswirkungen auf die am meisten vulnerablen Menschen der Welt, die auf humanitäre Hilfe angewiesen sind. Islamic Relief betont, dass es dringend notwendig ist, die Sicherheit von Helfenden zu gewährleisten und die Täter zur Rechenschaft zu ziehen.

Ein Aufruf an die internationalen Gemeinschaft

Islamic Relief spricht sich für eine verstärkte Unterstützung der UN-Mitgliedsstaaten bei der Umsetzung der Resolution 2730 des UN-Sicherheitsrats aus, die einen besseren Schutz für humanitäre Akteure anstrebt. Der Fokus sollte dabei vor allem auf lokalen Mitarbeitenden liegen, die oft völlig unbeachtet bleiben. Während internationale Angriffe auf humanitäre Helfende weltweit Schlagzeilen machen, sind nationale Helfer, die zu einem Großteil unter den Opfern sind, oft im Schatten dieser Debatten.

Ein Helfer von Islamic Relief, der im Gazastreifen tätig ist und dessen Name zu seinem Schutz nicht genannt werden kann, bringt es auf den Punkt: „Jeder Tag könnte der letzte sein. Wir riskieren unser Leben, um anderen zu helfen, obwohl wir kaum Schutz genießen.“ Diese Worte spiegeln die realistischen und schockierenden Gefahren wider, denen humanitäre Helfende heute ausgesetzt sind und die Notwendigkeit, mehr für ihre Sicherheit zu tun.

Der Welttag der humanitären Hilfe, der jährlich am 19. August gefeiert wird, wurde 2009 von der UN ins Leben gerufen, um die Opfer humanitärer Einsätze zu gedenken. Gemeinsam mit über 400 humanitären Organisationen fordert Islamic Relief Deutschland in einem offenen Brief den globalen Schutz der Zivilbevölkerung und derjenigen, die sich für ihre humanitäre Hilfe einsetzen.

Dringender Handlungsbedarf

Angesichts der alarmierenden Zunahme an Angriffen gegen humanitäre Helfende findet die Notwendigkeit für einen effektiveren Schutz dieser Mitarbeitenden immer lautere Unterstützung. Die internationale Gemeinschaft ist aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen, um nicht nur die Helfenden an sich, sondern auch die gefährdeten Bevölkerungsschichten zu schützen. Der Schutz humanitärer Mitarbeitender sollte nicht vernachlässigt werden, während die Welt mit den Folgen von Konflikten und Naturkatastrophen konfrontiert ist.

Die Situation für humanitäre Helfer sieht weltweit düster aus. Eine alarmierende Zahl nicht nur im Gazastreifen, sondern auch in anderen Konfliktregionen zeigt die selbstlose Arbeit der Mitarbeitenden, die oft unter extremen Bedingungen operationieren. So haben Berichte von Organisationen wie dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) in mehreren Regionen, darunter Syrien und Jemen, auf die Gefahren hingewiesen. Diese Konflikte führen nicht nur zu einem Anstieg der Zahl der Angriffe auf Helfende, sondern auch zu einem Anstieg der Anzahl der geflüchteten und vertriebenen Menschen, die auf Hilfe angewiesen sind. Für die einfachsten humanitären Maßnahmen ist jedoch ein sicheres Umfeld unabdingbar.

Es ist wichtig zu betonen, dass der Zugang zu humanitärer Hilfe in vielen Krisenregionen erschwert ist. Laut der UN benötigen derzeit über 300 Millionen Menschen weltweit humanitäre Unterstützung, was die Notwendigkeit für den Schutz der Helfenden noch dringlicher macht. Die UN-Ocha (Büro der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten) hat festgestellt, dass in weit über 50 Ländern die Bedingungen für humanitäre Helfer durch politische Instabilität, bewaffnete Konflikte und einen Mangel an Ressourcen unhaltbar sind.

Die Rolle internationaler Organisationen

Internationale Organisationen, darunter die UN und das Rote Kreuz, haben verschiedene Strategien entwickelt, um die Sicherheit von Helfenden zu verbessern. Ein Beispiel hierfür ist das „Global Humanitarian Overview“, das von OCHA veröffentlicht wird und regelmäßig Informationen über die humanitären Bedürfnisse und die Sicherheitslage in verschiedenen Regionen bereitstellt. Diese Strategie sieht auch vor, dass Unterstützungsmaßnahmen für lokale Organisationen ausgeweitet werden, da sie oft die ersten sind, die in Krisenregionen ankommen und mit den Herausforderungen konfrontiert sind.

Trotz dieser Bemühungen bleibt die Realität ernüchternd. Lokale Helfende, die oft an vorderster Front arbeiten, sind den größten Risiken ausgesetzt. Umso wichtiger ist es, dass Staaten und internationale Körperschaften nicht nur die Bedeutung humanitärer Hilfe anerkennen, sondern auch Maßnahmen zu ihrem Schutz ergreifen.

Ungleichheit in der Berichterstattung

Ein weiterer Aspekt des Problems ist die ungleiche Berichterstattung über die Gefahren, denen humanitäre Helfende ausgesetzt sind. Während internationale Mitarbeiter regelmäßig internationale Schlagzeilen machen, werden lokale Helfer oftmals ignoriert. Dies kann zu einem Mangel an Sichtbarkeit und Unterstützung führen, die sie dringend benötigen, um ihre wichtige Arbeit fortsetzen zu können.

Eine Studie von Humanitarian Accountability Partnership zeigt beispielhaft, dass mehr als 80% der am häufigsten angegriffenen Helfenden aus den betroffenen Ländern selbst stammen. Diese Ungleichheit in der Wahrnehmung hat zur Folge, dass die Anstrengungen zur Sicherstellung des Schutzes für lokale Helfende vielfach untergehen.

Angesichts der komplexen politischen, sozialen und wirtschaftlichen Kontexte in vielen der am stärksten betroffenen Regionen muss ein Umdenken stattfinden. Es ist entscheidend, dass die internationale Gemeinschaft nicht nur ihre Verpflichtung zur Unterstützung humanitärer Helfer erfüllt, sondern auch ein Bewusstsein für die Ungleichheiten schafft, die das Leben der Helfenden gefährden.

Forschungsinstitute und NGOs fordern daher eine verstärkte Sensibilisierung für die Herausforderungen, vor denen humanitäre Helfende, insbesondere lokale Kräfte, stehen. Die Hoffnung ist, dass diese Ermahnungen ernst genommen werden, um die Sicherheit und Wirksamkeit humanitärer Interventionen weltweit zu fördern.

Lebt in Mühlheim und ist seit vielen Jahren freier Redakteur für Tageszeitungen und Magazine im DACH-Raum.
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